Anmerkung:
Sehr geehrter Leser dieser Seite Medienkritik/Pressekritik!
Wer aufmerksam die Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender verfolgt, die Angebote von Dokumentationen, Talke-Shows usw. nutzt, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch schon dabei ertappt haben, dass die dort geäusserte Info entweder nicht richtig dargestellt worden ist, wichtige Informationen in diesem Zusammenhang dem Konsumenten vorenthalten worden ist, sowie die als Info ausgewiese Nachricht eine vorgefertigte Meinung darstellt bzw. nur einseitig berichtet wird.
Ähnlich verhält es sich bei den zahlreichen Privatanbietern der unterschiedlichsten Sender. Hier auf dieser Seite, geht es wie auf der andere Seite meiner Homepage "Presse-Medienkritik" aber um die öffentlich -rechtlichen Sendeanstalten, weil diese mit unseren Steuergeldern (auch Zwangsabgaben lt. Rundfunkgebühren) bezahlt werden und es einen Rundfunkstaatsvertrag gibt (inkl. Ländergesetze) die eindeutig die Verantwortung der Nachrichtenübermittlung regeln.
Da es zunehmend berechtigte Kritik an der Informationvermittlung der öffentlich-rechtlichen Sender gibt, haben sich Vereine, Organisationen und Einzelpersonen auf den Weg gemacht, gegen diese steuerfinanzierte Verblödungstaktik zu kämpfen.
Es werden stets jene Kritiken mit Belegen, Quellenangaben etc. dokumentiert, Programmbeschwerden gefertigt und deren Antworten öffentlich gemacht.
Ich selber bin Einzelkämpfer auf diesem Gebiet und versuche unter Nutzung der verschiedensten Quellen einen kleinen Beitrag für das Recht auf eine wahrheitsgemäße Berichterstattung zu leisten. Gleichzeitig möchte ich jeden Anregen, die konsumierten Nachrichten kritisch zu hinterfragen und Unwahrheiten aufzudecken, Programmbeschwerden zu schreiben bzw. die Arbeit der Vereine und Organisationen zu unterstützen.
Bitte von oben nach unten lesen, da weiter unten die aktuellsten Informationen eingepflegt werden!
Carsten Hanke (ab 4.11.2019)
Lassen wir unsere Meinungsfreiheit nicht in Ketten legen sondern sprengen diese!!!
Medienkritik nicht zum Selbstzweck sondern zur Wahrheitsfindung und gegen mediale Verblödung !!!
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Quelle Beitragsbild: vaticannews
Die „Syrien-Hilfe“ und Maas, der Schein-Heilige
Die Tagesschau verschweigt die Verbrechen der westlichen „Koalition“ im Nahen Osten
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
„Caesar Act?“ Schon mal gehört? Wenn ja, dann sicher nicht in einer Tagesschau-Sendung. Der Name dieses jüngsten US-amerikanischen Verbrechens an den Syrern taucht im Nachrichtenangebot der ARD-aktuell überhaupt nur ein einziges Mal auf: am Schluss eines bodenlos demagogischen, aus der Ferne geschriebenen Internet-Traktätchens auf tagesschau.de. (1) Der Caesar Act ist ein weiteres Sanktionsgesetz, mit dem Washington die syrische Bevölkerung jetzt zur Hungerrevolte gegen die Assad- Regierung zwingen will. (2, 3) Urheber und Anwender dieses Machwerks gehören als Angeklagte eines Verbrechens gegen die Menschheit vor den Internationalen Strafgerichtshof. Doch das verschweigt die Tagesschau sorgfältig. So, wie sie oft wochenlang nicht aus Syrien berichtet, weil sich das dortige mörderische Treiben der westlichen Alliierten ums Verrecken nicht in positivem Licht darstellen lässt.
Die militärische und wirtschaftliche Interventionspolitik der westlichen Koalition unter Führung der USA und unter Mitwirkung Deutschlands firmiert in den Massenmedien als Kampf für demokratischen Wandel in Syrien. Sie basiert jedoch auf grundsätzlicher Missachtung der UN-Charta und führt seit neun Jahren zu ungezählten Kriegsverbrechen.
Die Tagesschau verzichtet seit jeher auf Versuche, das sauber zu analysieren und zu publizieren. Dass die Europäische Union Ende Mai ihre eigenen, ebenfalls völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen Syrien um ein weiteres Mal verlängerte (4), vermerkte die ARD-aktuell-Redaktion nicht mal am Rande. So offenbaren sich das ganze Elend der deutschen Außenpolitik und der nachrichtenjournalistische Niedergang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Mit der Verabschiedung ihres „Cäsar Gesetzes“ versuchen die USA jetzt, das wirtschaftliche Leben in Syrien vollends abzuwürgen, ohne Rücksicht auf den lebensnotwendigen Bedarf der syrischen Bevölkerung. Mit einem Bündel von Strafmaßnahmen verfolgt werden „Einzelpersonen, Gruppen, Unternehmen und Länder, die mit der Regierung in Damaskus Geschäftsbeziehungen eingehen“. Sie werden daran gehindert, zum Wiederaufbau, zu Investitionen und zur Bereitstellung von Ersatzteilen für den Energie- und den Luftfahrtsektor in Syrien beizutragen. Die finanziellen Zugänge zu den Märkten für Nahrungsmittel und für medizinische Güter sind für Syrien blockiert.
Völkerrechtswidrig, weil …
Die Sanktionen („maximaler Druck“) sind bereits rein formal mit dem Völkerrecht unvereinbar: einseitige Aktionen, obwohl nach den Grundsätzen der UN-Charta solche Methoden nur vom Weltsicherheitstrat beschlossen und kollektiv, von der gesamten Staatengemeinschaft, angewendet werden dürfen. (5) Nachlesbar und leicht verständlich dargelegt ist das in der Abhandlung „Die UN-Charta und die Legitimität der Wirtschaftssanktionen“. (6)
Im Übrigen ist der Cäsar Act absolut unverhältnismäßig und damit auch vom Inhalt her völkerrechtswidrig.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat in einem vergleichbaren Fall ein US-Embargo gegen Nicaragua als völkerrechtswidrig verurteilt (7): Ein Wirtschaftsembargo als Druckmittel zu verwenden, um etwas zu erreichen, worauf der verhängende Staat keinen Rechtsanspruch hat, ist und bleibt nun mal unzulässig.
Auch im Fall Syrien hat der Westen kein Recht, einen Wechsel im Präsidentenamt zu erzwingen. Das wirtschaftlich bereits ruinierte Land weiter zu zerstören und ungezählte Todesopfer (wie bei den Irak-Sanktionen) in Kauf zu nehmen, ist mit sämtlichen internationalen Rechtsnormen unvereinbar. Unser Parlament und die Bundesregierung müssten sich darüber durchaus im Klaren sein. Ein Rechtsgutachten der wissenschaftlichen Dienste des Bundestags erlaubt keine Zweifel. (8) Unsere Volksvertreter aber schert es einen Dreck.
Auch der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, lügt sich über die Rechtslage und die Fakten hinweg und greift in einer Stellungnahme zum Mittel der puren Demagogie:
„Das syrische Volk musste im Laufe des Konflikts auf außerordentliche Reserven an Widerstandsfähigkeit zurückgreifen. Die Sanktionen der EU richten sich gegen diejenigen, die für ihr Leid verantwortlich sind, gegen Mitglieder des syrischen Regimes, ihre Anhänger und Geschäftsleute, die das Regime finanzieren und von der Kriegswirtschaft profitieren. Die EU ist entschlossen, ihre Unterstützung für das syrische Volk fortzusetzen…“ (9)
Zusätzlich zu Bombenkrieg, partieller Besatzung und Diebstahl syrischer Ölressourcen (10) nun auch noch diese US-EU-„Unterstützung für das syrische Volk“: Es wird zum Hungern gezwungen; den Menschen sind die Fluchtwege nach Europa verschlossen; das NATO-Mitglied Türkei unter Führung seines Beinahe-Alleinherrschers Erdoğan darf Syrer unter Bruch des Völkerrechts und der Menschenrechtskonvention aus ihren Heimatprovinzen Idlib und Afrin vertreiben; die USA unterstützen mithilfe der Europäer die Mordbrennerei von Dschihadisten und Söldnern aus aller Herren Ländern mit Geld, Waffen und „Militärberatern“. Allesamt versuchen sie, das Verbrecherische der eigenen Politik mit absurden Schuldzuweisungen an Assad („Giftgasangriffe“, „Fassbomben auf das eigene Volk“) zu bemänteln und zu rechtfertigen.
Wir Schandtäter
Wir Deutsche tragen mit eigenen politischen Manövern zu diesen Abscheulichkeiten bei. Unsere Bundesluftwaffe lieferte die Zieldaten für alliierte Bombenangriffe auf syrischem Gebiet und unterstützte damit unstreitige Kriegsverbrechen. (11) Im März dieses Jahres wies der deutsche UN-Diplomat Jürgen Schulz einen Appell Russlands auf Aufhebung der Sanktionen zurück – mit ähnlich verlogener Begründung wie der EU-Repräsentant Borrell: Die Sanktionen richteten sich „nicht gegen die Bevölkerung“ sondern
„… gegen die Führung in Damaskus […], die der schlimmsten Menschenrechtsverbrechen schuldig ist, die man sich nur vorstellen kann … Die humanitäre Situation in Syrien ist einzig und allein das Ergebnis der Politik von Damaskus.“ (12)
„Wer anderen in der Nase bohrt, hat selbst was drin“, sagt der Volksmund. Deshalb ignoriert die Tagesschau großzügig die Ekelhaftigkeit deutscher Diplomatie. ARD-aktuell ist eben unserer Regierung zu Diensten und gibt sie als „Helfer in der Not“ aus, vorneweg den Außenminister Maas. Dem Totalversager auf der geopolitischen Bühne poliert sie regelmäßig den Scheinheiligenschein. So auch anlässlich der letzten Syrien- „Geberkonferenz“. (13) Die Redaktion vermeidet geradezu krampfhaft jeden Hinweis darauf, dass die Geldsammelei kein Ausdruck von Mildtätigkeit an leidgeprüften Menschen ist, sondern knallharte Interessenpolitik. Im EU-Sinne sollen die Investitionen garantieren, dass die Verelendeten bleiben, wo sie sind: fern der europäischen Grenzen. Asylbewerber sollen den geheiligten europäischen Boden nach Möglichkeit nicht mehr betreten.
Nachschub für Terroristen
Dass die milliardenschweren Hilfeleistungen des Westens auf Basis einer bis 10. Juli befristeten UN-Resolution auch als Waffe im geopolitischen Machtkampf dienen, macht der jüngste Streit im Weltsicherheitsrat deutlich. Die Resolution regelte die umfangreichen Transporte über zwei türkische Grenzübergänge nach Idlib. (14) Die Provinz ist das wichtigste verbliebene Rückzugsgebiet der Terroristen. Die Stellvertreterkrieger des Westens und ihre Clans führen hier eine Schreckensherrschaft, halten die verbliebenen Einheimischen sowie Hunderttausende syrischer Binnenflüchtlinge faktisch als Geiseln und bereiten ihnen die Hölle auf Erden.
Kopfabschneider der Al-Kaida, syrische und sonstige Salafisten, die „Weißhelme“ natürlich, Dschihadisten und Söldner aus aller Welt haben das Sagen: die „bewaffnete Opposition“, wie einer der widerwärtigen Euphemismen für die Verbrecherbande lautet. Unter deren Augen sollten die internationalen Hilfssendungen weiterhin verteilt werden; auf keinen Fall darf die syrische Regierung die Sendungen kontrollieren oder gar darüber verfügen. Darum dreht sich das Gezerre im UN-Sicherheitsrat.
Sorgfältig aber vermied die ARD-aktuell in ihren Berichten jeden Hinweis darauf, dass Deutschland gerade turnusgemäß den Vorsitz in dem UN-Gremium hat und sich der Superdiplomat Maas nach seiner verkorksten Libyen-Initiative soeben die nächste politische Pleite einhandelte.
Die Tagesschau berichtet hingegen unverdrossen weiter über Idlib als „letzte Rebellenhochburg“ und gibt mit keinem Wort zu verstehen, dass die dahin verbrachten Hilfsgüter des Westens praktisch die Herrschaft eines mörderischen Terroristengesindels über fast drei Millionen Zivilisten absichern. (15)
Russland wiederum, der ständigen Sabotageakte der Westallianz und ihrer Taktiererei im UN-Sicherheitsrat müde, besteht jetzt darauf, dass die Hilfsgütertransporte reduziert und nur noch über einen Grenzübergang geleitet werden. Die Hilfe soll nicht länger der Stabilisierung der Terrorherrschaft in Idlib dienen und allen Notleidenden zugutekommen, auch denen jenseits der Frontlinien Idlibs. (16)
Statt ihn kritisch zu analysieren lässt aber die Tagesschau auch den auffälligen Widerspruch zwischen menschenfeindlicher US-EU-Sanktionspolitik und dem Einsatz riesiger Summen an Hilfsgeldern außer Betracht. Gerade er ist der Inbegriff fehlender eigenständiger deutscher Außenpolitik und der abartigen Unfähigkeit des Parlaments, Remedur zu schaffen.
Schon gar nicht informiert die Tagesschau darüber, dass die vom Westen herangezüchteten und umsorgten syrischen Oppositionellen mit Demokratie und Menschenrechten noch weit weniger am Hut haben als der zum Abschuss freigegebene syrische Präsident Assad. Sie repräsentieren nur islamistische, fundamentalistische Konzepte; ihr Regime nach den Gesetzen der Scharia wäre für die multi-konfessionelle und multi-ethnische Bevölkerung Syriens eine humanitäre Katastrophe.
Unsere gedächtnisschwachen Volksvertreter
Die für den mörderischen Charakter des westlichen Sanktionsregimes blinde und taube deutsche Volksvertretung fügt sich weiterhin der Imperialmacht USA und unterstützt deren Ziel, auch Syrien zu unterwerfen – selbst um den Preis, die Zivilbevölkerung hungern und verelenden zu lassen. Not herrscht ja in ganz Syrien, nicht nur in Idlib. Der Vorläufer für die praktizierte Unmenschlichkeit ist bekannt: Die Irak-Sanktionen kosteten von 1996 bis 2003 eine halbe Million Kinder das Leben. Doch Madeleine Albright, damals mitverantwortlich als US-Außenministerin, heute Gönnerin des Grünen-Gurus Josef „Joschka“ Fischer, fand das in Ordnung: „Wir denken, den Preis ist es wert.“ (17)
Solchem US-amerikanischen Politgesindel folgen rückgratlose deutsche Abgeordnete allemal! Als Vertreter des ganzen Volkes „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ (18) – und eben nicht dem Willen ihrer Wähler, gelle? Dem Wortsinn nach bedeutet Demokratie „Volksherrschaft“, aber im politischen Alltag ist sie nicht wirksam.
Auch mit dem kollektiven Gedächtnis ist es in unserem Parlament nicht weit her. Die Damen und Herren Volksvertreter haben erfolgreich verdrängt, dass sie bzw. ihre Vorgänger noch bis zum Jahr 2010 nichts gegen „syrische Folterkeller“ einzuwenden hatten. Wolfgang Schäuble, heute Bundestagspräsident, seinerzeit Innenminister, erklärte sich vor Jahr und Tag ausdrücklich bereit, auch unter syrischer Folter erzwungene Geständnisse von den deutschen Polizeibehörden auswerten zu lassen. (19) Frank-Walter Steinmeier, heute Bundespräsident, damals zuständiger Kanzleramtsminister, hatte keine Einwände, dass Beamte des Bundesnachrichtendienstes bei Folterungen in Syrien zugegen waren. (20)
Deutschen Politikern und Bürokraten war es egal, was mit abgeschobenen Asylbewerbern in Syrien passierte. Noch 2008 schloss die Bundesregierung mit der Regierung Assad ein „Rückführungsübereinkommen“, um syrische Asylsuchende problemlos abschieben zu können. (21)
Vorgeschobene „Experten“
Anbiederei, Selbstbetrug und Heuchelei gehören zum Rüstzeug deutscher Politiker. Wenn man dieses Gesocks über Menschenrechte reden hört, die in anderen Ländern einzufordern seien, dreht sich einem der Magen um. Nicht minder, wenn man erleben muss, wie die öffentlich-rechtlich konstruierte und vom Volk finanzierte ARD-aktuell bornierten „Experten“ wie Kristin Helberg ein Forum für Hetze bietet. Helberg durfte ungeniert und unwidersprochen anregen, Spendengelder für hilfsbedürftige syrische Staatsbürger als Druckmittel zu benutzen, um dem „Regime“ zu schaden. (22)
ARD-aktuell lässt solche „opportunen Zeugen“ (23, 24) bevorzugt zu Wort kommen, weil deren Positionen zur transatlantischen Tendenz des Ladens passen. Hinter ihrer Parteilichkeit lassen sich Unkenntnis und Voreingenommenheit der Redaktion verbergen. Hingegen sind ausgewiesene Experten ohne missionarischen Eifer – Karin Leukefeld, Jürgen Todenhöfer, Michael Lüders etc. – für die Volksverdummungsbeiträge der Tagesschau über Syrien selbstverständlich tabu. Und obwohl die Katholische Kirche sogar etliche Vertreter in den Rundfunkräten sitzen hat, kommen nicht einmal ihre Informationen über Syrien in der Tagesschau korrigierend zur Geltung. (25)
So bleibt die Tagesschau-Berichterstattung über Syrien bei fieser Meinungsmache, bei Nachrichtenunterschlagung und demonstrativer Ignoranz gegenüber den Verbrechen der US-geführten Allianz. ARD-aktuell bildet nur getreulich ab, was ihr die Bundesregierung und die transatlantisch eingefärbten Nachrichtenagenturen vorgeben.
Von Sachwissen unbelastet
Die Diskrepanz zwischen der faktischen Leistung der Tagesschau und ihrem Selbstbild ist nicht zu leugnen. Unabhängigen Journalismus schafft die ARD-aktuell nicht (mehr). Sonst würde sie den regierungsoffiziellen täuschenden Begriff „Syrien-Hilfe“ nicht ohne Interpretation verwenden, sondern korrekt über „Idlib-Hilfe“ (zugunsten von Terroristen) sprechen. In jeder Meldung über Syrien würde sie die Formulierung „Völkerrechtsbruch der US-Koalition“ und das Wort „Kriegsverbrechen“ unterbringen. Denn das Aushungern der syrischen Zivilbevölkerung, auf dass die gegen ihre Regierung in Damaskus revoltiere, ist nichts anderes als verbrecherisch.
Um das zu kapieren muss man aber die „Regeln des Krieges“ im Humanitären Völkerrecht (26) wenigstens mal gelesen haben. Und man sollte die juristische Lehrmeinung über „Die syrischen Belagerungen und die Praxis des Aushungerns“ (27) kennen.
Der durchschnittliche Tagesschau-Redakteur von heute hat mutmaßlich auch noch nie etwas von Donald Rumsfelds „Plan für den Mittleren Osten“ gehört und davon, dass Washington seit Jahrzehnten versucht, Nordafrika und den Vorderen Orient nach eigenem Gutdünken umzugestalten. (27) Und folglich berichtet er auch nicht darüber, dass die USA und die Türkei in schönster Selbstherrlichkeit beschlossen haben, Teile Syriens und des Irak zusammenzulegen und als neuen Staat Kurdistan zu deklarieren (28, 29) – unter Verletzung aller einschlägigen Völkerrechtsnormen, versteht sich.
Der Krieg in Syrien geht derweil unter lebhafter deutscher Mitwirkung weiter, befeuert von gewissenlosen Politikern und gleichermaßen charakterlosen Journalisten. „Wir“ sind eben „Partner“ und „Freunde“ der USA, ihnen zur Stiefelleckerei verpflichtet und dazu auch allzeit bereit – selbst wenn dabei nicht nur unsere Würde flöten geht, sondern beträchtlicher volkswirtschaftlicher Schaden entsteht. (30)
Von einem Schwein darf man sich keinen Kaviar versprechen, von einem Maas keine professionelle Außenpolitik und von der ARD-aktuell keine sachgerechten Nachrichten – jedenfalls nicht, wenn über US-gesteuerte geostrategische Konflikte zu berichten ist.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-proteste-101.html
(3) http://www.mideastdiscourse.com/2020/06/11/the-us-admits-they-are-to-blame-for-the-syrian-hunger/
(4) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020D0719&from=DE
(5) https://unric.org/de/charta/
(6) http://www.irananders.de/nachricht/detail/617.html
(9) https://nex24.news/2020/05/eu-verlaengert-sanktionen-gegen-syrien/
(11) https://www.wsws.org/de/articles/2016/09/20/syri-s20.html
(13) https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-geberkonferenz-deutschland-101.html
(14) https://www.heise.de/tp/features/Hilfslieferungen-nach-Syrien-Kampf-um-die-Kontrolle-4839330.html
(15) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-38011.html
(16) https://www.neues-deutschland.de/artikel/1138886.syrien-keine-hilfe-ohne-assad.html
(17) https://www.youtube.com/watch?v=xYXK7uh93Uo.
(18) https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_38.html
(19) https://www.focus.de/politik/deutschland/folter-gestaendnisse_aid_103157.html
(22) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-722791.html
(24) https://www.diplomarbeiten24.de/document/295612
(26) https://www.bmvg.de/de/themen/friedenssicherung/humanitaeres-voelkerrecht
(27) https://elibrary.bwv-verlag.de/article/99.105025/huv201803018101
(28) https://www.voltairenet.org/article210303.html
(30) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8329/
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Quelle Beitragsbild: Screenshot Tagesschau
Die „Drohung“ mit dem US-Truppenabzug
Berlin bläst Trübsal über Präsident Trumps miesen Stil / Milliarden Euro für Deutschlands Hochrüstung
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
„Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen … Auf der Basis dieser Werte biete ich dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, eine enge Zusammenarbeit an.“ (1) So belehrend und herablassend gratulierte Bundeskanzlerin Merkel dem US-Präsidenten vor vier Jahren zu seiner Wahl. Seither zeigt der, worauf er selbst Wert legt: Dass die Kanzlerin und ihre Bundesregierung kuschen – und zahlen. Sein neuestes Ding: Weil das Bundeskabinett nicht daran denkt, mit absurden 2 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts die NATO-Kriegskasse aufzufüllen, sollen 9 500 der insgesamt 35 000 US-Besatzungssoldaten aus Deutschland abziehen. (2) Westlich-werteorientiert, wie das Kabinett Merkel und die ARD-Tagesschau nun mal sind, blasen sie Trübsal und beklagen den miesen Umgangston des Bündnischefs, „weil ein Tief in der NATO vor allem Russland nützt.“ (3)
Die gewöhnliche deutsche Gefügigkeit gegenüber Forderungen aus Washington – man denke an die rückgratlose und törichte Mitmache bei den Sanktionen gegen Russland – nützt zwar dem Amerikageschäft der deutschen Exportwirtschaft. Sie verursacht anderweitig aber Verluste und kostet den deutschen Steuerzahler viele Milliarden Euro. Außerdem steigt unser sogenannter Verteidigungshaushalt seit Trumps Amtsantritt kontinuierlich. Im vorigen Jahr erreichte er 41 Milliarden Euro, heuer 45,2 Milliarden, das sind 1,4 Prozent des Brutto-Inlandprodukts, BIP. (4, 5) Deutschland gehört damit zu den 15 Staaten mit den weltweit höchsten Militärausgaben. Sollten gar 2,0 Prozent des BIP erbracht werden, so ergäben sich Mehrausgaben von mindestens 22 Milliarden Euro. (6)
Die Tagesschau machte aber in ihren Berichten über Trumps Truppenabzugspläne keineswegs kenntlich, dass seine 2-Prozent-Forderung lediglich auf vagen Absprachen und nicht auf vertraglichen Verpflichtungen beruht. (7, 8) Mit Schweigen überging die Redaktion ARD-aktuell zudem den zeitgeschichtlichen Hintergrund dieser aggressiven NATO-Formel: das völkerrechtswidrige und mörderische Treiben des US-Präsidenten Obama, sein Lostreten und Finanzieren des Staatsstreichs in der Ukraine anno 2014 (9), die nachfolgende Anarchie, die Volksabstimmung auf der Krim, deren Beitritt zur Russischen Föderation und der sich darauf gründenden US-Drohpolitik gegenüber Moskau
Olle Kamellen lutschen
Nichts von all dem in den Hauptsendungen der Tagesschau. Nachlesbar ist ein Teil dieser Angaben nur in einem zwar ordentlichen, aber gut versteckten Tagesschau.de-Beitrag in der Rubrik „Inland“. (10) Geschrieben im vorigen Jahr, als die NATO-Krieger wieder einmal an der ollen 2-Prozent-Kamelle lutschten. (11) Die stammte allerdings schon aus Zeiten, als der SPD-Politiker Peter Struck noch Verteidigungsminister in der rot-grünen Regierung Gerhard Schröders war und die „Sicherheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigen“ wollte. (12) Obwohl seither fast zwei Jahrzehnte vergangen sind und „der Russe“ immer noch nicht bei uns einmarschiert ist, obwohl der Umfang des deutschen Militärhaushalts nach wie vor keine 1,5 Prozent des BIP erreicht, fand die neue Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, wenigstens dieses Zwischenziel müsse nun endlich angegangen werden. Tagesschau.de meldete das mit folgenden Sätzen:
„SPD-Kritik, man dürfe sich von Trump jetzt nichts vorschreiben lassen, kontert Kramp-Karrenbauer so: ‚Es geht, um es deutlich zu sagen, nicht um Wünsche von außen. Es geht nicht um Aufrüstung. Es geht um Ausrüstung und Personal, es geht um unsere Bundeswehr.‘“ (13)
Die verschleiernde Schönrederei half der Kramp-Karrenbauer allerdings nichts, wie das Magazin Der Spiegel zu berichten wusste. (14) Der aktuelle „Wehr“-Etat hat denn auch den Rahmen von 1,4 Prozent des BIP zunächst nicht überschritten. (Das könnte zum Ende des Pandemiejahres 2020 ganz anders aussehen, weil das BIP um hunderte Milliarden Euro geringer ausfallen dürfte, der Militärhaushalt jedoch beim vollen Umfang bleibt). Die Tagesschau aber kriegte auch nach der Trump-„Drohung“ mit nunmehr fälligem Truppenabzug nicht die Kurve zu sachlicher Berichterstattung und angemessener Einordnung. Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni, selbst Mitglied der „Atlantik-Brücke“ (15), bewies das im Schaltgespräch mit dem Washington-Korrespondenten Jan Philipp Burgard, gleichfalls „Atlantik-Brücke“-Jünger (ebd.):
Burgard: „… aber Trumps Drohung, Truppen aus Deutschland abzuziehen, die gibt es ja schon länger … und die Gründe dafür: Präsident Trump ist extrem unzufrieden darüber, dass Deutschland seiner Verpflichtung gegenüber der NATO bei weitem nicht nachgekommen ist, 2 Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben…” (16)
Gleiche Brüder, gleiche Kappen. Zamperoni ließ das so stehen. Preisfrage: Wieviel journalistische Selbstverleugnung – wenn man schon nicht nach Charakterlosigkeit fragen will – gehört dazu, den Abzug fremder Truppen aus unserem Land als „Drohung“ auszugeben? In dieser Wortwahl steckt die gesamte Würdelosigkeit, mit der sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit der transatlantischen Politik und Gefolgschaftstreue der Bundesregierung gemein macht – trotz aller vordergründigen ARD-Kritik an Präsident Trump.
Dummschwätzerei statt Journalismus
Jahr für Jahr bezahlt Deutschland Millionen-Tribut für den Aufenthalt der „Freunde“ bei uns. (17) Die und ihre Familien genießen hier Sonderrechte, zahlen überhaupt keine Steuern, wenn sie nicht ausnahmsweise in deutschen Geschäften einkaufen statt in ihren garnisonsnahen „PX“-Läden, müssen nicht ihre Zivilfahrzeuge bei deutschen Ämtern anmelden und vom TÜV prüfen lassen, sind sogar nach Straftaten vor deutscher Strafverfolgung weitestgehend geschützt.
Doch das sind Peanuts. Längst steht fest, dass die USA mithilfe ihrer Satellitentechnik in der „Air-Base Ramstein“ Massenmorde per Drohnen in Afrika und Vorderasien begehen und die Bundesregierung, weil sie das duldet, sich des Völkerrechtsbruchs und der Verbrechen gegen die Menschheit schuldig macht. (18) Ebenso unbestreitbar wünscht eine überwältigende Mehrheit der Bundesbürger keine US-Atomwaffen auf deutschem Boden. (19) Doch die Tagesschau- Qualitätsjournalisten juckt das alles nicht. Sie schwadronieren ungeniert von einer Abzugs-“Drohung“ und von „NATO-Zahlungsverpflichtung“, um den selbstmörderischen Aberwitz der deutschen „Verteidigungspolitik“ als unumgänglich erscheinen und keine fundamentalen Proteste dagegen aufkommen zu lassen.
Als weiteres benebelndes Sedativ dient der Verweis auf das Wirtschaftsinteresse am Verbleib der US-Garnisonen in Deutschland und auf die davon abhängigen Arbeitsplätze für Bundesbürger. Auch beim Verabreichen dieser Dröhnung geniert sich die ARD-aktuell kein bisschen und ließ die Tagesthemen am 16. Juni titeln:
“Was der Abzug von US-Soldaten für deutsche Gemeinden bedeutet” (20)
Klar doch, „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral“ (21); Bertolt Brecht warf diesen Satz zwar einer wohlsituierten Bourgeoisie entgegen, die sich moralisierend über Militärausgaben empört. Doch geht es hier nicht um bürgerliche Moralvorstellungen, sondern um journalistisches Berufsethos, wenn die ARD-aktuell Kriegsverbrecher-Zentralen wie Ramstein als “Drehkreuz nach Afrika und den Nahen Osten” verschleiert. Wie das eben Schreiberlinge so machen, die sich zwar in abfälligem Ton über US-Präsident Trumps abstruse, bildungsfreie und verlogene Sprüche ergehen, nicht aber seine ungezählten Verbrechen in Syrien, Irak, in Afrika und in Südamerika aufgreifen und die außenpolitische Unterstützung Deutschlands bei diesen massenmörderischen Schweinereien.
Zerrüttetes Verhältnis
Dass die deutsche Polit-Elite wie ein Haufen Deppen dasteht – sie war von Trump über dessen Abzugsankündigung weder vorinformiert noch gar um ihre Meinung gebeten worden – kam zwar in den Beiträgen der Tagesschau indirekt zum Ausdruck. Wie aber eine angemessene deutsche Reaktion auf den US-Affront aussehen könnte, sondierte die Redaktion weder bei der Kanzlerin noch beim Außenminister. (22) Dabei hätten sich die Tagesschau-Redakteure zwecks Erfüllung ihres Informationsauftrags nicht mal selbst hervorwagen müssen. Es fehlte ja nicht an kritischen Stellungnahmen von ausgewiesenen Experten.
Michael Staack, Professor an der Bundeswehr-Universität Hamburg und Dozent der Generalsakademie in Hamburg-Blankenese, plädiere für die Überprüfung der Beziehungen zwischen Deutschland und den USA, berichtet das Internet-Magazin German Foreign Policy. (23) Mit Blick auf die zunehmenden Streitigkeiten zwischen Washington und Berlin komme er zu dem Schluss, „deutsche und amerikanische Interessen“ gingen heute „in allen wichtigen Fragen auseinander“. Hätten bestehende Interessengegensätze bis vor wenigen Jahren „in einem breiteren Spektrum von Gemeinsamkeiten unter Kontrolle gehalten werden“ können, so sei dies jetzt immer weniger der Fall.
Staack präzisiert: Die Regierung Trump sei im Gegensatz zu sämtlichen früheren US-Regierungen „bereit, Mittel gegen die Bundesrepublik einzusetzen, die man normalerweise gegen Gegner und nicht gegen Verbündete einsetzt.“ Bislang betreibe die Bundesregierung gegenüber Washington aber nur „partielle Opposition und, im Wesentlichen, Beschwichtigungspolitik.“ Doch die Interessengegensätze seien inzwischen so groß, dass es kaum möglich sei, diese Politik noch weiterzuführen. Derzeit gebe es jedoch
„eine große Zögerlichkeit, eine klare Position gegenüber den USA zu formulieren: Man hat immer Angst vor Vergeltung.“ (ebd.)
Nein, von Staacks Einschätzung kam nichts rüber in der Tagesschau. Die bot uns stattdessen das platte Gewäsch des NATO-Generalsekretärs Stoltenberg und des transatlantisch verkrümmten Russlandhassers Norbert Röttgen, CDU, um nur einige Lieblings-Gesprächspartner für Tagesschau-Konformismus und Langeweile zu nennen.
Trumps große Klappe
Wenig Trost bietet der Gedanke, dass Trump von seinen widersprüchlichen Angebereien und „Drohungen“ bisher kaum etwas wahr gemacht hat. Weder hat er das US-Truppenkontingent in Südkorea verkleinert (24), noch seine Besatzungstruppen aus Syrien abgezogen oder die Zahl seiner heimtückischen Drohnenmorde reduziert. Er tobt sich nicht nur mit großmäuligen Sprüchen aus, sondern auch mit dem Abwürgen von friedenssichernden internationalen Verträgen.
Heiko Maas, der sich wundersamerweise noch immer als respektabler Außenminister vorkommt, und Annegret Kramp-Karrenbauer, chancenlos aber US-hörig, bestätigen und bestärken den selbstherrlichen Widerling in seiner Verachtung für die Bundesregierung. Maas, indem er zuletzt mit dem angeberischen Versuch gegen die Wand fuhr, ohne Placet der USA die Kriegsparteien in Libyen zu einem Waffenstillstand und zur Verhandlungsaufnahme zu bewegen. Kramp-Karrenbauer mit ihrer rückgrat- und bedenkenlosen Absicht, 30 US-Kampfjets vom Typ F-18 Hornet der Firma McDonnell-Douglas zu kaufen, auf dass die Bundesluftwaffe auch dann noch fähig sei, die in Deutschland lagernden US-Atombomben in Richtung Russland zu fliegen, wenn das letzte dafür geeignete „Tornado“-Flugzeug verschrottet ist.
Kramp Karrenbauer tut eben alles, um Deutschland zum atomaren Schlachtfeld des zukünftigen Weltkriegs der USA zu machen. Die Pfadfinderin kapiert einfach nicht: Wo Atombomben lagern, fallen auch Atombomben, und zwar die ersten. Die Tagesschau berichtete zwar über die deutschen Kaufabsichten (25), bewies aber mit ihrer Akzentuierung, dass sie das genauso wenig kapiert:
„Grundgesetz-Verstoß beim Kampfjet-Kauf?“
Sorgfältig verschwieg die ARD-aktuell in ihren Fernseh-Ausgaben zudem den neuesten Klops: Kramp-Karrenbauer hat den Auftrag für das Mehrzweck-Kampfschiff MKS 180 freigeben lassen, eine mit Raketen bestückte Fregatte. (26) Ein paar Meldungen darüber erschienen lediglich in der Internet-Nische Tagesschau.de. (27) Vier Exemplare dieser bislang teuersten Angriffswaffe der Bundeswehr sollen zunächst gebaut werden, für 5.5 Milliarden Euro. Für Bewaffnung und Trainingssysteme gebe es weitere Verträge, berichtete das Neue Deutschland:
„… so dass man bei (aktuellen) Kosten von knapp sechs Milliarden Euro landet. Gesichert hat man sich die Option auf zwei weitere Schiffe dieses Typs.“ (28)
Die Zwillinge MKS 180 und FREMM
Das MKS 180 existiert zwar erst auf dem Papier, gleicht aber wie ein Ei dem anderen der italienischen Fregatte FREMM, die als hochmodernes Non-plus-ultra dieser Sorte Kriegsschiff gilt. (29) Das erst noch zu entwickelnde MKS soll pro Stück 1,3 Milliarden Euro kosten, der Zuschlag dafür ging an einen deutsch-niederländischen Werftenverbund. (30) Jeder halbwegs Kundige ahnt jedoch, dass der Ausschreibungsgewinner nicht bei seinem Preisangebot bleibt, sondern dass am Ende bis zu 1,8 Milliarden Euro pro Schiff fällig werden können. Wie solche Preisexplosionen entstehen und begründet werden, hat sich beim Pannenflieger Airbus A400M gezeigt, dem neuen Bundeswehr-Transportflugzeug. (31)
Was ist der Treppenwitz an der Geschichte? Kurzformel: Deutschland lässt für x-Milliarden Euro ein Schiff erst mal planen und dann in den nächsten Jahren bauen, das schon heute in absolut gleicher Qualität auf dem Markt ist, sich bereits bewährt hat, das auch die Amis für spitze halten, haben wollen und sogar selbst bauen – in den USA und zum halben Preis eines MKS-180! (32) Darauf allerdings verweist die Tagesschau mit keinem Wort.
Nun denn, Kramp-Karrenbauer, begnadet einfallsreich, wie sie nun mal ist, wollte ja auch schon mal einen Flugzeugträger für die Bundesmarine anschaffen. (33) Und sogar Änschii war dafür!
Warum die irrsinnige Geldverschwendung für das MKS 180? Falls jemand vom Stammpersonal des ARD-Hauptstadt-Studios jemals auf diese naheliegende Frage kommen sollte, würde er wohl die Antwort übermitteln: wegen der Arbeitsplätze in der deutschen Werftindustrie. Die AKK lässt uns halt nicht verkommen.
Update:
Der Züricher Tagesanzeiger berichtet an diesem Wochenende (27. Juni), dass die Produktion des Kampfjets F/A-18 Super Hornet demnächst eingestellt werden soll. (34) Vor lauter kriegerischer Begeisterung über die „nukleare Teilhabe“ Deutschlands hat die Kramp-Karrenbauer anscheinend nicht mal geschnallt, dass die Amis ihr dazu ein Jagdbomber-Auslaufmodell andrehen wollen. Von der Tagesschau kann man also erst recht keinen solchen Durchblick erwarten.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-11/merkel-benennt-westliche-werte-als-basis-fuer-zusammenarbeit-mit-trump
(2) https://www.tagesschau.de/ausland/us-truppenabzug-105.html
(3) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-37445.html
(4) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/150664/umfrage/anteil-der-militaerausgaben-am-bip-ausgewaehlter-laender/
(5) https://www.bmvg.de/de/themen/verteidigungshaushalt/verteidigungshaushalt-2020
(6) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183064/umfrage/militaerausgaben-von-deutschland/
(7) https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2014A54_mlg.pdf
(8) https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2019/mythen-der-zwei-prozent-debatte-zur-diskussion-um-die-nato-verteidigungsausgaben
(9) https://www.bbc.com/news/world-europe-26079957
(10) https://www.tagesschau.de/inland/verteidigungsausgaben-103.html
(11) https://www.heise.de/tp/features/Muss-Deutschland-den-Ruestungshaushalt-auf-2-des-Bruttoinlandsprodukts-erhoehen-3935186.html
(12) https://www.heise.de/tp/features/Die-Sicherheit-Deutschlands-wird-auch-am-Hindukusch-verteidigt-3427679.html
(13) https://www.tagesschau.de/inland/verteidigungsausgaben-105.html
(14) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-finanzminister-tilgt-nato-versprechen-aus-regierungsprogramm-a-1295367.html
(15) https://www.seniorenportal.de/community/forum/innenpolitik/atlantikbruecke?tid=340940
(16) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-711699.html
(17) https://www.tagesschau.de/inland/usa-truppen-deutschland-kosten-103.html
(18) https://www.sueddeutsche.de/politik/us-drohnenkrieg-ramstein-urteil-ovg-muenster-1.4373794
(19) https://www.faz.net/aktuell/politik/mehrheit-gegen-amerikanische-atomwaffen-in-deutschland-16151743.html
(20) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-716601.html
(21) https://www.inhaltsangabe.de/brecht/dreigroschenoper/
(22) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-716543.html
(23) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8308/
(24) https://www.handelsblatt.com/politik/international/truppenstationierung-usa-und-suedkorea-brechen-gespraeche-ueber-verteidigungskosten-ab/25243464.html?ticket=ST-2987815-BehbfVwLhqnNQIJjXsCo-ap6
(25) https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-eurofighter-f18-103.html
(26) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8315/
(27) https://www.tagesschau.de/suche2.html?query=MKS+180&sort_by=date
(28) https://www.neues-deutschland.de/artikel/1138199.bundeswehr-milliarden-fuers-militaer.html
(29) https://navaltoday.com/2020/01/28/fincantieri-launches-tenth-italian-fremm-frigate/
(30) https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/blickpunkt/beitrag/news/werften-einigung-mehrzweckkampfschiff-180-wieder-auf-kurs/
(31) https://www.dw.com/de/pannenflieger-a400m-hat-neue-mängel/a-51223399
(32) https://www.navaltoday.com/2020/05/04/fincantieri-wins-us-navys-ffgx-frigate-contract/
(33) https://www.tagesschau.de/suche2.html?query=MKS+180&sort_by=date
(34) https://www.tagesanzeiger.ch/deutsche-geben-konkurrenz-aus-den-usa-auftrieb-273490216209
Weitere Literatur zum MKS 180:
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/erklaerstueck-mks-180
https://www.nrz.de/wirtschaft/kampfschiff-thyssenkrupp-im-streit-mit-der-bundeswehr-id228196181.html
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Liebe Adressaten,
Volker Bräutigam
China kennt keine Grenzen mehr: Einverleibung des Himalaya hat begonnen
Foto: Mukhtar Khan
COVID-19 ist nicht die einzige Bedrohung, die dieses Jahr die indische Grenze überschritten hat. Laut alarmierenden Berichten des indischen Verteidigungsministeriums hat China im Himalaya Truppen in „erheblicher Zahl“ auf der indischen Seite der umstrittenen „Line of Actual Control“ (LAC) stationiert [die LAC ist der gegenwärtige Grenzverlauf zwischen Indien und China im Himalaya-Gebiet; gezogen wurde sie nach Beendigung des Indisch-Chinesischen Grenzkriegs von 1962 – Anm. d. Red.]. Bisher haben sich diese Übergriffe an vier Punkten entlang dieser weltweit längsten und umstrittensten Grenze ereignet; tausende von chinesischen Soldaten tauchten dabei im Bundesstaat Sikkim und in Teilen der Region Ladakh nordöstlich des Kaschmir-Tals auf.
Keine der beiden Regierungen bestreitet die Tatsache, dass chinesische Soldaten Gelände besetzt haben, das Indien als sein Eigentum betrachtet. Trotz eines kurzen, aber blutigen Krieges im Jahr 1962, der mit einer Schmach für Indiens unzureichend vorbereitete Armee endete, haben China und Indien an ihrer gemeinsamen Grenze seit fast einem halben Jahrhundert einen angespannten, aber praktikablen Modus Vivendi gefunden. Seit 1976 waren keine Schüsse mehr abgefeuert worden, bis zu den Gefechten, die kürzlich stattfanden, und beide Länder neigten stets dazu, die Truppenbewegungen des jeweils anderen herunterzuspielen. Und so sprach man stets von „unterschiedlichen Wahrnehmungen“ darüber, wo die LAC – die nie offiziell abgesteckt wurde – tatsächlich verläuft.
Aufgrund dieser angespannten Lage ereignen sich jedes Jahr schätzungsweise 400 Konfrontationen entlang der LAC, die sämtlich rasch entschärft werden. Diesmal jedoch ist das anders. Laut Berichten sind chinesische Truppen auf Gebiete vorgedrungen, die China selbst traditionell als auf der indischen Seite des Grenzverlaufs liegend betrachtet. Und statt bloße Patrouillen durchzuführen, haben die Chinesen dort eine feste Präsenz (mit aufgeschlagenen Zelten, Betonstrukturen und etlichen Kilometern Straße) eingerichtet (die deutlich jenseits des von China selbst beanspruchten Grenzverlaufs liegt), und sogar die sogenannten „Fingerhöhen“ in der Nähe des Pangong-Tso-Sees besetzt.
Diese Übergriffe stießen natürlich auf Widerstand. Allein im letzten Monat gab es zwei physische Zusammenstöße zwischen indischen und chinesischen Soldaten. Die Schlägereien führten zu Dutzenden von Verletzten auf beiden Seiten. Zwar gab es zwischen beiden Armeen 2017 ein ähnliches Geplänkel auf dem Doklam-Plateau in Bhutan, doch war dies in einem Drittland. Diesmal ist die Situation eine andere – weswegen Indien allen Grund hat, Chinas Übergriff als einen direkten aggressiven Akt zu betrachten.
Zwar endete die Konfrontation in Doklam, wie auch eine ähnliche Episode im selben Teil Ladakhs während des ersten Besuchs des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Indien 2014, in einem chinesischen Rückzieher. Doch ist das China des Jahres 2020 stärker, aggressiver und bereit, in einer neuen Ära chinesisch-amerikanischer „Entkoppelung“ seine Muskeln spielen zu lassen. Es wird diesmal weniger geneigt sein, sich einseitig zurückzuziehen.
Aber die Welt nimmt den Vorgang zur Kenntnis. Trotz der Erklärung chinesischer Regierungsvertreter, die Situation sei „insgesamt stabil und beherrschbar“, haben sowohl US-Außenminister Mike Pompeo als auch Russland in jüngsten Erklärungen ihre Besorgnis zum Ausdruck gebracht.
Das Problem ist freilich nicht, dass China einen umfassenden Krieg oder einen größeren militärischen Feldzug plant. Vielmehr setzt es auf eine „Salamitaktik“: kleinere militärische Übergriffe, die Indien militärische Rückschläge zufügen. Höchstwahrscheinlich werden die Chinesen ein paar Quadratkilometer Gelände für „defensive“ Zwecke besetzen und anschließend den Frieden erklären. Dieser Ansatz ist nichts Neues, und er stellt Indiens Entschlossenheit auf die Probe.
Weil es sich die indische Regierung nicht leisten kann, Chinas jüngste Aggression einfach hinzunehmen, bereitet sie sich angeblich bereits auf eine lange Konfrontation vor. Gerade das autoritäre nationalistische Regime von Premierminister Narendra Modi kann es nicht riskieren, vor Indiens leicht erregbarer Öffentlichkeit das Gesicht zu verlieren. Doch selbst unter einer anderen Regierung hätte Indien starkes Interesse daran, potenziellen Aggressoren – nicht zuletzt Pakistan – zu zeigen, dass es sich nicht unterbuttern lässt.
Es kann gut sein, dass China argumentieren wird, es sei von Indiens Infrastrukturmaßnahmen entlang der LAC provoziert worden. Doch waren diese Projekte längst überfällig. Vor zwei Sommern stellte der außenpolitische Ausschuss des indischen Parlaments (dessen Vorsitzender ich damals war) bei einem Besuch des Grenzgebiets fest, dass sich die Infrastruktur dort in beklagenswertem Zustand
befindet. China dagegen hat auf seiner Seite der LAC allwettertaugliche Straßen, Eisenbahnlinien und sogar Flughäfen gebaut. Es ist Indien zudem militärisch im konventionellen Bereich sowohl im LAC-Gebiet als auch insgesamt überlegen; allerdings hat Indien in dem gebirgigen Gebiet kürzere Nachschublinien zu unterhalten.
Die indisch-chinesische Beziehung ist äußerst kompliziert. Die Wunden des Krieges von 1962 sind nie verheilt; zugleich jedoch ist der jährliche bilaterale Handel, wenn auch stark zugunsten Chinas, auf fast 100 Milliarden Dollar angestiegen. Zudem nutzt China sein Bündnis mit Pakistan, um Indien innerhalb seiner eigenen Subregion zu provozieren, abzulenken und einzuschnüren. Der chinesisch-pakistanische Wirtschaftskorridor, eines der Kronjuwelen von Xis Neuer Seidenstraßen-Initiative, führt durch von Pakistan besetzte Teile Kaschmirs, von denen selbst China anerkennt, dass es sich dabei um umstrittene Gebiete (auf die auch Indien Anspruch erhebt – Anm. d. Red.) handelt.
China macht zudem weiterhin unmittelbar Ansprüche auf indisches Gebiet geltend, insbesondere im nordöstlichen Staat Arunachal Pradesh, den es als „Südtibet“ beschreibt. Vor diesem Hintergrund sind Episoden wie die aktuelle Konfrontation als Teil einer umfassenderen Strategie zu begreifen, Indien in Schach zu halten.
Indiens außenpolitische Analysten sind sich dessen bewusst: Sie warnen, dass - da die jüngsten kriegstreiberischen Handlungen Chinas eindeutig eine Wende im langjährigen Status quo an der Grenze markieren – diese Handlungen das Ende von Chinas angeblichem „friedlichen Aufstieg“ einläuten. Unter Xi scheint China mehr als bereit, offen zu demonstrieren, dass es die maßgebliche Macht in der Region ist. Mit seiner harten Haltung an der indischen Grenze hofft es der Welt – und insbesondere den USA – zu zeigen, dass es sich von Donald Trumps Getöse nicht einschüchtern lässt und dass andere asiatische Länder lieber spuren sollten.
Für den Moment haben indische Regierungsvertreter erklärt, militärische Verhandlungen auf hoher Ebene mit China hätten eine Übereinkunft herbeigeführt, wonach beide Seiten „die Situation im Grenzgebiet im Einklang mit verschiedenen bilateralen Vereinbarungen friedlich beilegen“ werden. Doch wie die Konfrontation deutlich gemacht hat, haben beide Seiten völlig andere Vorstellungen davon, was diese bilateralen Vereinbarungen bedeuten. Es bleibt abzuwarten, ob China seine Truppen tatsächlich aus den umstrittenen Gebieten abzieht. Der Teufel steckt dabei wie immer im Detail.
Indien und China müssen eindeutig eine permanente Grenzvereinbarung schließen. China argumentiert seit langem, man solle eine formelle Übereinkunft in Bezug auf die Grenze am besten künftigen Generationen überlassen. Doch das macht es, weil seine geopolitische Macht – und daher seine Verhandlungsposition – mit jedem Jahr zunimmt. China setzt darauf, dass es seinen Willen in Bezug auf den Grenzverlauf umso einfacher durchsetzen kann, je länger eine Einigung hinausgeschoben wird. In der Zwischenzeit wird es beschränkte Akte der Aggression entlang der LAC nutzen, um Indien weiter aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Aus dem Englischen von Jan Doolan
Zum Autor: Shashi Tharoor war UN-Untergeneralsekretär und indischer Außen- und Arbeitsminister. Er ist Abgeordneter des Indischen Nationalkongresses.
Copyright: Project Syndicate, 2020.
www.project-syndicate.org
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Minister Heils echt sozialdemokratischer Tiefschlag
Doch kein Wort davon in der Tagesschau: Wiedereinführung des 12-Stunden-Arbeitstages
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Die Tagesschau meldet am 12. Mai:
„Am Internationalen Tag der Pflege haben Beschäftigte, Gewerkschaften und Verbände für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter geworben“. (1)
Wie süß: „geworben“, sagt der Tagesschau-Sprecher. Nicht: „ultimativ gefordert“. Die Redaktion gibt der milden Sauce noch eine Portion Sülze bei und lässt den Bundespräsidenten direkt in die Kamera säuseln:
„Sie leisten Enormes für unser Land. Dafür danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen. Ich würde mir wünschen, dass wir alle uns auch nach der Krise daran erinnern, was Sie für diese Gesellschaft tun.“
Na bravo.
Nochmal, weil es gar so unverbindlich und gestelzt daherkommt: „…würde mir wünschen, dass wir alle uns erinnern.“ Steinmeier wirkt richtig ergriffen, besonders von sich selbst. Dass sein Parteifreund, Arbeitsminister Heil, am 7. April per Verordnung ermöglicht hatte, den „systemrelevanten“ Arbeitnehmern den 12-Stunden-Arbeitstag und die 60-Stunden-Woche abzuverlangen (2), treibt hingegen allenfalls den Ausgebeuteten selbst das Wasser in die Augen. Die Schmocks in der Tagesschau-Redaktion ließ es kalt. Sie verloren kein Wort über diesen typisch sozialdemokratischen Tiefschlag. Wundert sich hier noch jemand?
In den Nachrichtensendungen der ARD-aktuell häufen sich Meldungen über die ökonomischen Auswirkungen des Anti-Pandemie-Regimes – und über die Forderungen der Wirtschaftslobby nach finanziellem Ersatz und Steuererleichterungen. Das sonst so gern behauptete „Unternehmerrisiko“ taucht in diesem Zusammenhang natürlich nicht auf. Wer tatsächlich die schwersten Lasten zu schultern hat, kommt in dieser Berichterstattung erst recht nicht vor. Es sind, für das kapitalistische System typisch, Mitmenschen ohne nennenswertes Eigentum: abhängig Beschäftigte in Kurzarbeit, Arbeitslose, Rentner, Sozialhilfeempfänger. Ihre Last: Um den „Dank aus tiefstem Herzen“ müssen Kurzarbeiter auf bis zu 40 Prozent ihres Einkommens verzichten und alle zusammen müssen obendrein zu ihrer Bedürftigkeit noch einen rasanten Anstieg der Lebens- und Haushaltsmittelpreise verkraften.
Die Sozialverbände forderten bisher vergeblich, im Rahmen der umfangreichen staatlichen Hilfsmaßnahmen für „die Wirtschaft“ auch den sozial Benachteiligten wenigstens einen monatlichen Zuschlag von 100 Euro zu gewähren und einmalig 200 Euro für krisenbedingte Zusatzausgaben. (3) Die große Koalition in Berlin kümmerte das nicht. Und die Tagesschau berichtete weder über die Forderung des Verbandes noch über die Ignoranz der Regierung.
Das unterscheidet Staatsfunker von seriösen Journalisten.
Bei der Agentur für Arbeit waren Ende April rund 10 Millionen Personen für “konjunkturelle Kurzarbeit” angemeldet. 30 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Immer auf den größten Haufen
Die Arbeitsagentur hat 26 Milliarden Euro Rücklagen. Die schmelzen gerade weg wie Schnee in der Sahara. Kurzarbeitsgeld ist allerdings kein Göttergeschenk, erst recht kein Gnadenerweis der Regierung, sondern ein Rechtsanspruch auf Rückzahlung zuvor geleisteter Beiträge an die Arbeitslosenversicherung.
Etwas geschenkt kriegen hier nur die Unternehmer, dafür aber reichlich und ohne Not: Seit Beginn der Krise erstattet die Arbeitsagentur ihnen nämlich, wie von der Bundesregierung verfügt, die kompletten Sozialabgaben auf kurzarbeitsbedingt entfallende Arbeit. Zu 100 Prozent; früher waren es nur die dem Beitragsanteil der Arbeitgeber entsprechenden 50 Prozent gewesen. Wir reden hier über ein Geschenk im Wert von rund 10 Milliarden Euro. (4)
Doch kein Wort davon in der Tagesschau.
Dort herrscht die gewöhnliche Meinungsmache von Politikern und „Finanzexperten“, die sich nach Belieben spreizen und in ihren Ansichten widersprechen dürfen, zur Erkenntnisförderung des Publikums und sachlich begründetem Problembewusstsein jedoch wenig bis gar nichts beitragen.
Wie nicht anders zu erwarten, huldigt die Redaktion ARD-aktuell den von der Bundesregierung entwickelten Maximen und verwendet ihre üblichen Denkschablonen. Mit abfälligen Pauschalurteilen – „Verschwörungsideologen!“ – zieht sie über Bürgerproteste und die alternativen Medien her (5) und betreibt Feindbildpflege. Sie ignoriert, dass sich in der oppositionellen Szene inzwischen auch nachdenkliche, diskussionsfähige und damit ernst zu nehmende Zeitgenossen äußern (6) und nicht nur die vielen orientierungslosen Spinner tummeln.
Die Redaktion verschweigt andererseits, dass sich viele neoliberale Wirtschafts-Exponenten mit ihren Forderungen bei den Demagogen und rechten Ultras eingereiht haben. Jene Kräfte also, deren Druck sich politische Mollusken wie der CDU-Vorsitz-Kandidat Laschet und der Grünen-Ministerpräsident Kretschmann willig beugen und bei der riskanten „Lockerung“ der Kontaktsperren miteinander wetteifern. (7)
Einäugige Nachrichtengestaltung
Sozialen Themen widmet sich die ARD-aktuell hingegen auch in Krisenzeiten nur ausnahmsweise und noch seltener mit aufklärerischem Anspruch. Berichte über die sozialen Aspekte der Pandemiebekämpfung dienen mehr zu illustrativen als informatorischen Zwecken. Das Leben der tatsächlich Armen bleibt daher weitgehend ausgeblendet. Vielmehr werden – unter „gutbürgerlichen“ Aspekten – die Irritationen wegen geschlossener Kitas oder die Umstände des Arbeitens im Home-Office abgehandelt. Da geht´s um die vermeintlichen Sorgen der gut ausgebildeten Mittelschichtler aus dem Blickwinkel des „hippen Großstadtmilieus“, wie die Linke-Politikerin Sarah Wagenknecht es nannte. (s.u.a. 8, 9, 10)
In diesem Nachrichtenangebot spielt auch das private Leben jener „systemrelevanten“ Arbeitnehmer kaum eine Rolle, denen in Krisenzeiten nun zusätzlich die Ausdehnung ihrer Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden zugemutet wird.
Übrigens: Welche Tätigkeiten als „relevant“ betrachtet werden und warum, auch das entzieht sich dem Blick der Öffentlichkeit. Dazu trägt die ARD-aktuell mit ihrer ignoranten und ignorierenden Berichterstattung fraglos erheblich bei. Man denkt bei „systemrelevant“ ans Krankenhauspersonal, an Polizei und Feuerwehr, allenfalls noch an die Beschäftigten im Supermarkt – und ahnt nicht einmal, dass man damit kaum die Hälfte des Spektrums erfasst. Eine vollständige Liste der fraglichen Tätigkeiten wurde von der ARD-aktuell nicht veröffentlicht, auch nicht in ihrem diskreten Internet-Portal tagesschau.de. Hier ist sie:
Herstellen, Verpacken einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren, Produkten zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der COVID-19-Epidemie, Stoffen, Materialien, Behältnissen und Verpackungsmaterialien zur Herstellung und zum Transport der genannten Waren, Mittel und Produkte;
Medizinische Behandlung und Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen;
Not- und Rettungsdienste, Feuerwehr und Zivilschutz, Aufrechterhalten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden; Energie- und Wasserversorgungsbetrieben, Abfall- und Abwasser-Entsorgungsbetrieben; Landwirtschaft und Tierhaltung, Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren; Sicherstellung von Geld- und Werttransporten und Bewachung von Betriebsanlagen; Aufrechterhalten der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen; Apotheken und Sanitätshäuser im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie Abhol- und Lieferdienste von Apotheken und Sanitätshäusern. (11)
Mit Lug und Trug
Dass in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem auch den „systemrelevanten“ Arbeitnehmern nichts, aber auch gar nichts geschenkt wird, was über einen feuchten Händedruck hinausgeht, zeigt sich in unseren Tagen nur dem, der sich selbst um Einblicke bemüht. Ins öffentliche Bewusstsein rückt es nicht, vor allem weil die Tagesschau ihrer Informationspflicht nicht nachkommt.
Ende März hatte Bundestagspräsident Schäuble das Parlament zu stürmischem Beifall eingeladen, zu standing ovations in Würdigung der aufopfernden Leistungen der Arbeitnehmer im Gesundheitswesen. Zur gleichen Zeit wurde jedoch unter dem täuschenden Namen „Sozialschutzpaket“ jene Gesetzesänderung vorbereitet, mit der die Exekutive ermächtigt wurde, massiv in unseren Alltag einzugreifen. Angeblich sollte das dazu dienen, Härten infolge der Corona-Krise abzumildern, daher der trügerische Titel „Sozialschutzpaket“. Orwell lässt schön grüßen.
Die Tagesschau schob ihrem zahlenden Publikum sogar die kontextfreie Nachricht unter, dass insbesondere private Krankenhäuser Kurzarbeit angemeldet hätten – während hintenherum die 60 Stunden-Woche wiedereingeführt wurde.(12) Penetranter als in den hier angesprochenen Vorgängen und Umständen hätten sich die Menschenfeindlichkeit eines kapitalistischen Gesellschaftssystems sowie die soziale Inkompetenz und Unverfrorenheit seiner Fachminister kaum zeigen können; der Redaktion ARD-aktuell geht das trotzdem an gewissen Körperteilen vorbei.
Kurzarbeit in Krankenhäusern – inmitten einer Pandemie? Dass der Privatwirtschaft das letzte Mittel recht ist, jeden Cent bei den sozialen Kassen abzuzocken, beweist der Asklepios-Konzern in einer Presserklärung: “Der Schutzschirm der Bundesregierung hat Löcher.” (13) Der „Schutzschirm“ sieht unter anderem vor, dass Kliniken für die sicherheitshalber freizuhaltenden Betten 560 Euro pro Tag bekommen. Das, so Asklepios, sei zu wenig.
Nicht nur dieser Konzern, sondern die gesamte Branche machte hoch angesetzte Einnahmeausfälle geltend, weil in ihren Spezialkliniken häufig aufwändige und damit teurere Eingriffe durchgeführt würden, ebensolche wie in den Uni-Krankenhäusern. ARD-aktuell berichtete zwar über die Forderungen, jedoch ohne kritische Distanz. Als handle es sich um etwas Unabänderliches – und nicht um das vorhersehbare (und von vielen Mahnern vorhergesagte!) Ergebnis der zerstörerischen Privatisierungspolitik im Gesundheitswesen.
Wie so oft lieferte das politische Kabarett mehr Information darüber als die Nachrichtensendungen. Das ZDF-Angebot Die Anstalt deckte eine Serie von Täuschungsmanövern rund um die angeblich notwendigen Krankenhaus-Privatisierungen auf und beschrieb, wie schamlos sich einflussreiche Personen und Organisationen am „Geschäft mit der Krankheit“ bereichern:
„Durch Gerhard Schröders Reformen haben sich die Liegezeiten in deutschen Krankenhäusern erheblich verkürzt, das Pflegepersonal wurde reduziert, es gibt weniger Betten. … dennoch steigen die Kosten. Vier private Krankenhauskonzerne: (Helios, Asklepios, Rhön-Klinikum, Fresenius) haben 2018 einen Gesamtgewinn von einer Milliarde Euro gemacht, mit öffentlichen Geldern. Mit dem Geld hätte man 22 000 Pflegerinnen finanzieren können.“ (14)
Eine Ausgeburt von Verlogenheit, Heuchelei und Unmoral ist auch die aktuelle Debatte über die Zahlung einer Prämie an die “systemrelevanten” Kräfte in der Altenpflege. (15) Das Durchschnittsgehalt für die physisch und psychisch sehr belastende Arbeit in diesem Berufsfeld liegt bei weniger als 2 600 Euro brutto. Es soll, erbärmlich genug, mit einer einmaligen steuerfreien Krisen-Sonderzahlung von 1500 Euro aufgestockt werden. 1000 Euro wurden vom Gesetzgeber verfügt, zu zahlen von den Pflegekassen; wer für die noch fehlenden 500 Kröten aufkommen soll, bleibt vorerst umstritten. Wie die Pflegekassen ihre Auslage ersetzt bekommen, ebenfalls. (15)
Herrschaft des Geldadels
Von der zunehmend notwendigen Rückführung des gesamten Gesundheitswesens in die Öffentliche Hand, erforderlichenfalls mittels Enteignung der privaten Krankenhauskonzerne und Klinikbetreiber, ist keine Rede. Auch nicht von einer Reform der Krankenversicherung mit ihrer Zwei-Klassen-Realität – nicht einmal zu Pandemiezeiten. Für die Unterdrückung eines solchen Diskurses stehen die öffentlich-rechtlichen Nachrichtenredaktionen. Sie nämlich sind systemrelevant – für die Herrschaft des Geldadels.
Einige marginale kritische Beiträge in Funk und Fernsehen auf gar zu unauffälligen Sendeplätzen taugen nicht als Gegenbeweis. Nur dort konnte beispielsweise ein gesellschaftskritisch argumentierender junger Mann wie der 23jährige Altenpfleger Alexander Jorde zu Wort kommen, obwohl dessen treffliches Resümee weit größere Aufmerksamkeit verdient gehabt hätte:
„Derjenige, der in einem Parlament sitzt, der hat die Mittel, der hat die Möglichkeiten, etwas zu verändern, und das tut er nicht. Und sich dann hinzustellen und zu klatschen und zu sagen: ‚Das ist jetzt unsere Wertschätzung für euch.’ Die kann der behalten, die möchte ich nicht.“ (16)
Jordes Fazit zeigt, wie jämmerlich es um Dankbarkeit und Anstand der politisch Verantwortlichen gegenüber den „systemrelevanten“ Malochern tatsächlich bestellt ist.
Ganz anders ihr Verhalten gegenüber den Automobil-Bossen: Die wurden sogar für voll genommen, als sie beim „Autogipfel“ per Videokonferenz mit der Kanzlerin in Berlin auch noch milliardenschwere Kaufprämien für ihre Neuwagen verlangten, unabhängig von deren Umweltverträglichkeit. (17) Die dreisten Bittsteller genießen bereits die Segnungen des Kurzarbeitergeldes und schieben trotzdem ungerührt ihren Aktionären Milliarden an Dividende in den Rachen. Und den können Superreiche wie die Familien Klatten und Quandt offenbar niemals voll genug kriegen. Davon war im Tagesschau-Bericht über den „Autogipfel“ natürlich keine Rede. (18)
Das Sein bestimmt das Bewusstsein
Dass nicht nur die Belange der Armen, sondern auch die der “systemrelevanten” Beschäftigten in den Nachrichten von ARD-aktuell weitgehend unberücksichtigt bleiben, hat böse, aber systemische Gründe. Zum einen wissen hochbezahlte Tagesschau-Redakteure nicht aus eigenem Erleben, was es heißt, sich bei sehr bescheidenen Einkünften in dieser Krisenzeit auch noch ausbeuten lassen zu müssen. Zum anderen sehen sie sich gehalten, Spurtreue im Sinne der Regierung zu zeigen. Kanzlerin Merkel haben sie als vorbildliche „Mutti der Nation“ darzustellen; undenkbar, die kleinen und großen Schweinereien von Muttis Regierung in den Nachrichtensendungen auch nur anzudeuten.
Unsere ganovenhafte politische Realität zu durchleuchten ist nicht die Sache der Tagesschau. In deren Sendungen dürfen nur Zyniker und Selbstdarsteller wie Spahn, Heil, Altmaier oder Lindner ihr verbales Wässerle abschlagen. Im Sonderfall auch mal die Kanzlerin und der Bundespräsident.
Leitmotiv: Nichts Aufklärerisches zur Primetime! Die Tagesschau ist doch ausschließlich der Information gewidmet. Basta!
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-37055.html
(2) https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/covid-19-arbeitszeitverordnung-neue-hoechstarbeitszeit_76_514024.html
(3) https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/sozialschutzpaket-ii-paritaetischer-kritisiert-soziale-schieflage-der-staatlichen-hilfsmassnahmen-in/
(4) https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kurzarbeitergeld-kosten-ba-1.4897602
(5) https://www.tagesschau.de/investigativ/zapp/hygiene-demos-101.html
(6) https://egon-w-kreutzer.de/anti-kontaktbeschraenkungs-demonstrationen
(7) https://www.weka.de/einkauf-logistik/lockdown-oder-lockerung-umgang-mit-corona-massnahmen-in-wirtschaftskreisen-umstritten/#Scharfe_Kritik_vom_HDE
(8) https://www.tagesschau.de/inland/coronakrise-homeoffice-101.html
(9) https://www.tagesschau.de/inland/corona-homeoffice-heil-101.html
(10) https://www.tagesschau.de/ausland/interview-chatman-home-office-101.html
(11) https://www.bund-verlag.de/corona/corona-arbeitnehmer
(12) https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/krankenhaeuser-kurzarbeit-101.html
(13) s.a. https://www.merkur.de/lokales/bad-toelz/bad-toelz-ort28297/toelzer-asklepios-klinik-kritisiert-spahns-rettungsschirm-13612103.html
(14) https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-5-mai-2020-100.html
(15) https://www.mdr.de/sachsen/corona-bonus-klinik-verdi-koepping-100.html
(16) https://www.ndr.de/fernsehen/After-Corona-Club,sendung1043196.html
(17) https://www.tagesschau.de/wirtschaft/auto-industrie-kaufpraemie-103.html
(18) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36939.html
https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19158.pdf (S.48-70)
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universitätin Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Finale Rettungsschüsse – Die Berliner Schießbude und der Abschied der Tagesschau vom Nachrichtenjournalismus
von4. Mai 2020
Beitragsbild: Esam Omran Al-Fetori/Reuters
Finale Rettungsschüsse
Die Berliner Schießbude und der Abschied der Tagesschau vom Nachrichtenjournalismus
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Die Regierung Merkel schiebt im Schlagschatten der Pandemie einen mörderischen Bundeswehr-Auslandseinsatz durchs Parlament; „unsere Jungs und Mädels“ sollen jetzt auch noch nach Libyen. (1) Bundestagspräsident Schäuble gibt das Grundgesetz für einen finalen Rettungsschuss frei: Die Würde des Menschen stehe über dessen Recht auf Leben. (2) Und die Tagesschau, führende Repräsentantin der „Vierten Gewalt“ im Staate, unterschlägt diese Informationen und deren unerlässliche Erklärung.
Die indirekte Bankrotterklärung der ARD-aktuell kam in der Tagesschau-Hauptausgabe um 20 Uhr am 26. April:
„Bundestagspräsident Schäuble hat angesichts der Einschränkung vieler Grundrechte davor gewarnt, dem Schutz von Leben in der Corona-Krise alles unterzuordnen. Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, dann sei es die Würde des Menschen, sagte er dem Tagesspiegel. Diese sei unantastbar, aber sie schließe nicht aus, dass Menschen sterben müssen. (3)
Daniel Popakra, ARD-Hauptstadtstudio, berichtet anschließend über Alltagsaspekte der Kontaktsperre, qualifiziert Schäubles Säure-Attentat auf die Verfassung als „bemerkenswerte Äußerung“ und zitiert ihn noch einmal wörtlich:
„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.“ (4)
Die Äußerung des Bundestagspräsidenten, protokollarisch der Zweite im Staate (nach dem Bundespräsidenten), ist als offiziöse Handreichung bei behördlichen Entscheidungen über Leben und Tod zu verstehen. Einen
„Durchbruch des Sozialdarwinismus in Zeiten der Corona-Pandemie“ (5)
nannte Rüdiger Minow das Schäuble-Interview im Berliner Tagesspiegel. (6) ARD-Mann Popakra berichtete, Schäuble erhalte nicht nur lebhafte Unterstützung von seinem Parteifreund Armin Laschet, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, sondern auch von der Bündnis90/Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und von Alexander Gauland, Fraktionschef der AfD. Unisono, frei von Scham und Berührungsängsten, bekundeten die alle:
“Schäuble hat recht”. (Anm.4)
Hat er nicht. Und das weiß er selbst am besten. Bereits als Bundesinnenminister hatte er vergeblich versucht, sein zynisches Grundrechtsverständnis durchzusetzen. Von der Idee, dass der Staat gegebenenfalls Herr über Leben und Tod seiner Bürger sei, war er schon damals geradezu besessen. (7) Er hatte deshalb ein „Luftfahrtsicherheitsgesetz“ auf den Weg gebracht, das die Behörden ermächtigte, von Terroristen entführte zivile Passagierflugzeuge notfalls abzuschießen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf das Gesetz und belehrte den Urheber:
„Dem Staat ist es im Hinblick auf dieses Verhältnis von Lebensrecht und Menschenwürde einerseits untersagt, durch eigene Maßnahmen unter Verstoß gegen das Verbot der Missachtung der menschlichen Würde in das Grundrecht auf Leben einzugreifen. Andererseits ist er auch gehalten, jedes menschliche Leben zu schützen.“ (8)
Die Tagesschau hätte mit Verweis auf dieses höchstrichterliche Urteil zumindest den übelsten Auswüchsen des Streits über das Anti-Pandemie-Regime der Bundesregierung ein rasches Ende machen können. Hat sie aber nicht, und das disqualifiziert sie.
Unabdingbares Recht
Klare Ansage: Der Staat darf nicht über das Lebensrecht seiner Bürger befinden, weder aktiv noch passiv. Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit und Opportunität haben in diesem Zusammenhang nichts verloren. Die Grundrechte „Würde des Menschen“ und „Recht auf Leben“ beschränken sich nicht gegenseitig, sondern bedingen einander. Sie stehen nicht zur Disposition anderer Freiheitsrechte oder gar Wirtschaftsinteressen.
Der Staat hat jedes menschliche Leben zu schützen. Jedes Leben, auch das des 90jährigen Vorerkrankten – sofern der es nicht selbst enden lassen möchte.
Die Tagesschau-Redaktion hätte das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem eigenen Archiv hervorholen und sich vergewissern können. (9) Sie hätte mit angemessen ausführlicher Berichterstattung darüber jene Kontrollfunktion erfüllt, die den Medien als de facto „Vierter Gewalt im Staat“ zukommt.
Die Politiker aller Couleur äußerten sich ebenfalls nicht; die bare ethische Selbstverständlichkeit des Karlsruher Urteils war ihnen entweder nicht bewusst oder egal. Eine rühmliche Ausnahme war nur der so oft herablassend beurteilte SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Er wies den bösartigen Vorstoß des Rechtsauslegers Schäuble im Deutschlandfunk entschieden zurück. (10)
Schäubles Infamie hat längst die Vorstellung salonfähig gemacht, es sei besser, „nutzlose“ Alte, Erwerbsgeminderte und Schwache zu isolieren und die arbeitsfähigen, kräftigen Jüngeren wieder zur Arbeit zu schicken, vulgo: sie ungeniert auszubeuten. Hoch lebe das Interesse der Wirtschaft und ihrer besserverdienenden Eliten! Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, rechter Frontmann der Grünen, gab denn auch die allerletzten Reste mitmenschlichen Anstands preis:
„Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären – aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen.“ (11)
Palmers Grundvorstellung von der Existenz „lebensunwerten Lebens“ pflegten schon die Nazis. Die redeten nur nicht lange salbungsvoll drum herum, sondern bauten gleich die Selektionsrampe. Die Grünen teilen sich heute in zwei protofaschistische Flügel: Realos und Brutalos. Was sie eint, ist die lebensverachtende Bereitschaft zum Krieg gegen andere Völker, die nicht auf transatlantisch-ökologischer Linie sind.
Innen hui, außen pfui
Die Verfassungsnormen „Menschenwürde“ und „Lebensrecht“ werden nicht nur innenpolitisch gegeneinander gestellt, sondern im außenpolitischen Raum komplett ignoriert – und dabei machen die meisten Bundestagabgeordneten mit. Deutschland zeigt immer häufiger Kriegsflagge. Die zynische Kontinuität der Negation des Lebensrechts belegt ein Tagesbefehl der „Verteidigungsministerin“ Annegret Kramp-Karrenbauer an unsere Besatzungstruppen in Afghanistan: Dort sei
„…sichtbar, dass die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Gefecht auch töten müssen und sterben können. …“ (12)
Kontext und militaristische Sprache machen deutlich, dass es um die Durchsetzung geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen mittels Kriegs und mörderischer Gewalt geht. Diese Interessen haben höheren Kurswert als das Recht des Menschen auf sein Leben. In der politischen Praxis zeigt sich unübersehbar, wie doppelbödig und heuchlerisch das deutsche Idearium von „Würde des Menschen” und „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit” ist.
Im Schatten der Corona-Pandemie schreckte der Bundestag nicht davor zurück, zahlreiche Kriegseinsätze in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten und in Zentralasien zu verlängern und auszuweiten, teils auch gegen den ausdrücklichen Willen der fraglichen Staaten: in Irak, Syrien, in Afghanistan, vor der Levante, im westlichen Mittelmeer, in der Sahelzone, in Mali haben „unsere Jungs“ weiterhin den Finger am Abzug. Die reaktionäre, bellizistische Mehrheit des Parlaments will es so; sie schert sich einen Dreck um den Aufruf des UN-Generalsekretärs Guterres, wenigstens während der Corona-Pandemie einen weltweiten Waffenstillstand zu wahren. (13)
Politiker der Güteklasse B
Heiko Maas, Außenminister der „Güteklasse B, Dutzendware aus der Legebatterie der Parteipolitik“ (14), ließ immerhin einen Blick in den Abgrund seiner Unaufrichtigkeit und Heuchelei zu:
„ ….auf der Welt gibt es anscheinend einige, die diese Corona-Krise nutzen wollen, um in dem Konflikt, in dem sie engagiert sind, militärische Vorteile zu erzielen, dann kann man das nicht anders als pervers bezeichnen”. (15)
Dem Minister ging es um die Rechtfertigung eines weiteren Bundeswehr-Auslandseinsatzes, diesmal vor Libyen.
Vor vier Monaten erst hatten Kanzlerin Merkel und ihr Ministerdarsteller sich selbst auf der „Berliner Libyen-Konferenz“ großsprecherisch zu Vermittlern in diesem blutigen Bürgerkrieg ernannt und das auch über die Rohre der ARD-aktuell verkünden lassen. Um aus der verkrampften deutschen Anmaßung überhaupt etwas „Vermittelndes“ zu quetschen, wurde damals ein Waffenembargo beschlossen, obgleich allen Beteiligten bewusst war, dass sich keine der libyschen Kriegsparteien daran halten würde und es keine Möglichkeit gibt, es zu erzwingen. Die vernagelte „Begründung“ des Möchtegern-Geopolitikers Maas dafür, dass die Bundeswehr trotzdem in Libyen mitmischen soll, ist auf Tagesschau.de nachlesbar: Das in Berlin für Libyen beschlossene Waffenembargo werde „nicht so umgesetzt, wie wir uns das wünschen.“ (16) Ach nein?
Klassischer Verlautbarungsjournalismus der Tagesschau am 22. April, 20 Uhr:
„Die EU-Außenminister haben in einer Videokonferenz über die Lage der Flüchtlinge im Bürgerkriegsland Libyen beraten. In der EU gibt es die Sorge, tausende Menschen könnten sich inmitten der Corona-Krise auf den Weg übers Mittelmeer nach Europa machen. Zuvor hatte das Bundeskabinett in Berlin grünes Licht für die deutsche Beteiligung an der EU-Operation Irini gegeben, mit der das Waffenembargo gegen Libyen überwacht werden soll.“ (17)
Ja, worum geht es denn nun? Um unerwünschte Waffenlieferungen oder unerwünschte Flüchtlinge? Um ausgelatschte, dümmliche Metaphern („grünes Licht gegeben“) ist die Tagesschau-Redaktion nie verlegen, um klare Aussage häufig. Im anschließenden Filmbericht sagt Reporter Markus Preiß:
„… Die Operation löst den bisherigen EU-Einsatz Sophia ab, mit einem großen Unterschied: Die beteiligten Schiffe sollen ausdrücklich keine Flüchtlinge aus Seenot retten.“ (ebd.)
Es werden also mal ganz nebenbei das Internationale Seerecht und das Völkergewohnheitsrecht gebrochen, das alle Schiffsführer verpflichtet, Menschen in Seenot zu retten (18) – und die Tagesschau weist mit keinem Wort auf diesen verbrecherischen Aspekt des Regierungsbeschlusses hin. Sie lässt aber den inhumanen Angeber Maas zu Wort kommen:
„Wir haben die Mission innerhalb kürzester Zeit beschlossen, und damit auch, obwohl uns Viele ja das gar nicht zugetraut haben, als Europäische Union gezeigt, wir sind bereit, Verantwortung zu gehen.“ (Anm.17)
Welch ein gewissenloses Gestammel. Doch juckt das die Tagesschau-Qualitätsjournalisten?
In den libyschen Flüchtlingslagern vegetieren mehr als 700 000 Menschen in unbeschreiblichem Elend. Es herrscht der blanke Terror. (19) Korrupte Milizen, von der EU toleriert und teilweise sogar finanziert, begehen unvorstellbar brutale Menschenrechtsverletzungen. Einheiten aus diesen Verbrecherbanden sollen nun im Rahmen der EU-Mission IRINI „für Polizeiaufgaben“ geschult werden. Nicht zu fassen? Niederträchtig? Es gäbe zahlreiche treffende Begriffe für die menschenverachtende, aber systematisch betriebene deutsche Außenpolitik.
Idiotisch und widersprüchlich
Maas möchte angeblich das UN-Waffenembargo durchsetzen. Wäre dem tatsächlich so, dann würde sich sein Bestreben gegen die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar richten, allesamt Großkunden der deutschen Rüstungskonzerne. Die hat im vorigen Jahr Waffen für 1,3 Milliarden Euro dorthin exportiert. Waffen, die nun auch in Libyen eingesetzt werden. (20) Deutsche Waffenverkäufe an die Kriegsparteien einerseits und deutsche Aufmandelei für ein Waffenembargo andererseits: Der Hirnriss dieser Außenpolitik ist unübersehbar.
Der Bundestag debattierte das Libyen-Mandat für die Bundeswehr am Tag nach dem Kabinettsbeschluss. Doch was das entscheidungsbefugte Parlament zu sagen hatte, fand die Tagesschau schon nicht mehr berichtenswert. Deshalb hier ein Schlaglicht darauf, der Kommentar der Linke-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen:
„Herr Maas, Ihr sogenannter Friedenseinsatz ist so lange nichts anderes als eine Showveranstaltung, wie Sie an beide Seiten der jeweiligen Kriegskoalition weiter Waffen liefern … gemeinsam mit Italien und Frankreich … die, weil es um die Interessen ihrer Ölkonzerne ENI und TOTAL geht, die jeweils andere Seite im libyschen Bürgerkrieg unterstützen…“ (21)
Das Libyen-Mandat soll vorerst bis Ende April 2021 gelten. Seine Kosten sind mit rund 45,6 Millionen Euro veranschlagt. Für Lumpenpolitik ist seit jeher genug Geld da.
Bleibt anzumerken: 61 Prozent der Bundesbürger lehnen solche Auslandseinsätze ab, nur 30 Prozent sind eindeutig dafür. (22) Im Bundestag verhält sich das allerdings genau umgekehrt: Nur rund ein Drittel ist dagegen, zwei Drittel sind dafür. Soviel zum Thema „Volksvertretung“.
Zurück zu Maas, dem Angeber, dem Heuchler: Noch im Januar hatte er in Anne Wills unsäglich mieser Talkshow behauptet, dass er mit den libyschen Milizionären und kriminellen Finsterlingen ganz gewiss nichts im Sinne habe:
„Nein, das können wir nicht, das wollen wir auch nicht.” (23)
Oh doch, „wir“ können. Und „wir“ wollen auch. „Wir“ bewegen uns dabei ganz im ideellen Rahmen der Wert-des-Lebens-Debatte, wie eingangs beschrieben.
Der Bundesregierung ist das Leben der Afrikaner nämlich vollkommen wurscht. Noch mehr wurscht als den Schäubles und Palmers, die das Leben tausender alt oder krank und verletzlich gewordener Deutscher dem vorzeitigen COVID-19-Tod überlassen wollen.
Leben und andere sterben lassen, heißt die Devise.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://augengeradeaus.net/tag/eunavfor-med/
(2) https://www.labournet.de/interventionen/grundrechte/grundrechte-all/menschenrechte-grundrechte-all/der-herr-schaeuble-hat-seine-ansichten-seit-seinem-feldzug-gegen-griechenland-nicht-geaendert-das-leben-des-poebels-ist-nicht-so-wichtig/
(3) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36791.html
(4) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-693091.html
(5) https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8261/
(6) https://www.tagesspiegel.de/politik/fdp-vize-zum-schaeuble-interview-lebensschutz-ist-nicht-absolute-staatsaufgabe/25786712.html
(7) https://www.sueddeutsche.de/politik/luftsicherheitsgesetz-schaeuble-ist-besessen-1.434443
(8) https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2006/02/rs20060215_1bvr035705.html
(9) https://www.daserste.de/unterhaltung/film/terror-ihr-urteil/luftsicherheitsgesetz-urteil-bundesverfassungsgericht100.html
(10) https://www.deutschlandfunk.de/corona-krise-spd-chef-walter-borjans-kritisiert-schaeubles.1939.de.html?drn:news_id=1125185
(11) https://www.tagesspiegel.de/politik/boris-palmer-provoziert-in-coronavirus-krise-wir-retten-moeglicherweise-menschen-die-in-einem-halben-jahr-sowieso-tot-waeren/25782926.html
(12) https://augengeradeaus.net/2020/04/verteidigungsministerin-erinnert-an-karfreitagsgefecht-2010-bereit-das-eigene-leben-einzusetzen/
(13) https://www.pressenza.com/de/2020/03/un-generalsekretaer-guterres-ruft-zu-einem-globalen-waffenstillstand-auf/
(14) https://web.de/magazine/politik/gabor-steingarts-morning-briefing-maas-minister-strategische-ideenlosigkeit-34201826
(15) https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-bundestag-irini/2336740
(16) https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-konflikt-coronavirus-101.html
(17) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36741.html
(18) https://de.wikipedia.org/wiki/Seenotrettung
(19) https://www.spiegel.de/politik/fluechtlinge-in-libyen-die-hoelle-in-den-fluechtlingslagern-a-00000000-0002-0001-0000-000163724167
(20) https://www.tagesspiegel.de/politik/deutsche-ruestungsexporte-waffen-fuer-laender-die-den-libyen-krieg-befeuern/25551362.html
(21) https://www.sevimdagdelen.de/libyen-einsatz-der-bundeswehr-abenteuerlich-absurd-und-aberwitzig/
(22) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/289426/umfrage/umfrage-zum-ausbau-der-bundeswehr-auslandseinsaetze/
(23) https://www.youtube.com/watch?v=1w7wMJSar8s.
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Gesundheitsminister Spahn macht einen krank
Er schafft es in die obere Reihe der Pfeifensammlung / ARD und ZDF überbieten sich in Verlautbarungsjournalismus
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Ach du liebe Corona: „Der Ausbruch ist – Stand heute – wieder beherrschbar und beherrschbarer geworden", tönte Gesundheitsminister Jens Spahn am 17. April auf der Bundespressekonferenz. (1) Bis zu diesem Tag waren in Deutschland bereits 3 808 COVID-Tote registriert (2); inzwischen sind es mehr als 5. 000. Tendenz: weiter steigend. In Südkorea und im benachbarten Taiwan leben zusammengenommen fast ebenso viele Menschen wie hierzulande, dort sind aber nur 260 Pandemie-Tote zu beklagen, und der Trend ist gestoppt. (3, 4) Doch Minister Spahn behauptet unverdrossen, „im internationalen Vergleich schneidet Deutschland bei der Bewältigung der Krise gut ab“. Unser Gesundheitssystem sei „zu keiner Zeit überfordert“ gewesen. (5) Und was macht die Tagesschau daraus? Sie referiert Spahns Angeberei als Fakt, statt ihn zu fragen, ob er selbst noch ganz gesund sei.
Dabei wirkte der mit seiner Ergebnisbewertung „…das macht uns demütig, aber nicht übermütig“ (ebd.) so, als bettle er geradezu um Ohrfeigen. Die bekam er von den Qualitätsjournalisten natürlich nicht. Es bleibt ein Wunschtraum, dass sich ein echter Reporter den Mann vorknöpft:
„Ich rieche Propaganda zehn Kilometer gegen den Wind. Um das mal klarzustellen, Genosse: Wenn Du mich einmal verarschst, ist es deine Schuld, dann bist du der Böse. Wenn Du mich das zweite Mal verarschst, bin ich selbst ein Depp.“ (6)
Kein Traum, sondern traurige Wirklichkeit: Für die Tagesschau-Leute war es leider nicht erst das zweite Mal. Sie lassen sich seit jeher mit Spahns Propagandakisten unterm Arm losschicken.
Bevor wir uns dieser Lichtgestalt, ihrem ebenso begnadeten Parteifreund und Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowie dem total sozialdemokratischen Finanzminister Olaf Scholz etwas spezieller widmen, sei hier positiv vermerkt, dass die „Tagesthemen“ ganz ausnahmsweise doch einmal, nämlich am 8. April, richtigen Journalismus vorführten. WDR-Kommentator Detlef Flintz balbierte den Gesundheitsminister mit der rostigen Sense:
„Pfleger und Ärztinnen werden die Situation ausbaden und zum Teil mit ihrem Leben bezahlen müssen“. (7)
Doch solche Kritik prallt am „demütigen, aber nicht übermütigen“ Spahn ab. Der Mann weiß, dass er sich grundsätzlich auf die sorgfältig durchformatierten Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verlassen kann. Die garantieren regierungsgläubigen Staatsfunk. Neuerdings blenden ihre Sender sogar Durchhalteparolen im Bildschirmeck ein. Fürs ARD-Gemeinschaftsprogramm:
Zusammenhalten. Wir sind deins. NDR: Der Norden hält zusammen. BR: Daheim bleiben. WDR: #zuhause. SWR: Für euch da. mdr: Zuhause #miteinander stark. SR, HR: #zusammenhalten.
Ihr guten Leute, euer föderalistisches Kunterbunt nervt! Gegenvorschlag: „Ein Volk, ein Reich, ein Kronkorken!“ Auf Flaschen passt das…
Einen Tag vor Spahns „demütigem“ Auftritt in der Bundespressekonferenz hatte der MDR gemeldet, dass sich bereits mehr als 6.400 Ärzte und Pflegekräfte in den Krankenhäusern mit dem Virus infiziert hätten. (8) Die Zahl ist inzwischen (Stand: 22. April) auf 7.862 Covid-Erkrankte gestiegen, 18 Ärzte bzw. Schwestern sind schon daran gestorben. (9) Tendenz auch hier: weiter steigend. Man muss lange suchen, bis man diese Angaben im Bulletin des Robert-Koch-Instituts findet, weit hinten im Text versteckt, ohne eigene grafische Darstellung. Gut sichtbar ist hingegen die Ursache für das Leid dieser „Helden des Alltags“: Fehlende bzw. unzureichende Schutzkleidung. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt:
„Die Ausstattung von Ärzten, Praxismitarbeitern und Pflegepersonal mit Schutzausrüstung … ist unzureichend. Wie dramatisch sich die Lage vor Ort darstellt, haben wir dem Bundesminister für Gesundheit detailliert dargelegt.“ (10)
Das medizinische Personal ist überall ausgepowert, Infektionen und Todesfälle lassen sich bei solchen Arbeitsbedingungen nicht ausschließen. (11) Die Zustände in den rund 12.000 Pflegeeinrichtungen seien ein Skandal, moniert Eugen Brysch, der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz. Die Maßnahmen zum Schutz des Pflegepersonals seien „vollkommen unzureichend“. (12)
Deutschland erweist sich inmitten der Pandemie unfähig, Ärzte, Schwestern und Pfleger mit perfekter Schutzausrüstung auszustatten, von einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit dem Minimum erst recht nicht zu reden. Die wünscht sich seit Wochen mit großer Mehrheit eine bundeseinheitliche Pflicht, in öffentlichen Gebäuden und Transportmitteln Mundschutz zu tragen. (13) In den asiatischen Ländern hat sich schließlich erwiesen, dass die generelle Mundschutzpflicht ein entscheidender Faktor gegen die Tröpfchen-Infektion durch Atemluft war.
Der deutsche Durchschnittsbürger erwies sich also als lernfähig, das politische Funktionspersonal der Geldaristokratie hingegen nicht. Eine allgemeine Mundschutzpflicht scheiterte schon daran, dass monatelang Mangel an entsprechendem Material herrschte. Wo große Nachfrage auf zu knappes Angebot trifft, explodieren in der „sozialen Marktwirtschaft“ eben die Preise. (14) Krankenhäuser und Ärzte waren gezwungen, zu verfünffachten und noch höheren Kosten einzukaufen. Dem skandalösen Wucher sah die Bundesregierung tatenlos zu. Sie dachte gar nicht daran, eine Preiskontrolle für dieses überlebenswichtige Material zu verfügen.
Grandios: Mehr als drei Monate nach Ausbruch der Pandemie fiel endlich auch dem Wirtschaftsminister Altmaier auf, dass man Mundschutzmasken eigentlich in Deutschland selbst herstellen könnte, wegen des Bedarfs von bis zu 12 Milliarden Stück jährlich. (15) Über so rasche Auffassungsgabe und große Entschlusskraft staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich.
Altmaier und Finanzminister Scholz hatten größere Posten und einflussreichere Wirtschaftskreise als das Gesundheitswesen auf dem Zettel, als sie ihr Staatshilfepaket zur Krisenbewältigung schnürten.
„Der Umfang der haushaltswirksamen Maßnahmen beträgt insgesamt 353,3 Milliarden Euro und der Umfang der Garantien insgesamt 819,7 Milliarden Euro.“ (16)
Der Staat – das sind wir alle – steht demnach für fast 1,2 Billionen Euro zusätzlich gerade (17), weitere Bürgschaften sind noch in Planung. Das größte Stück vom Kuchen dürfte sich die Autoindustrie abschneiden. Sie ist traditionell der steuerlich meistgeförderte Wirtschaftszweig. (18) Titel der Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Wie die Autobauer in der Coronakrise den Steuerzahler bluten lassen.“(ebd.)
Tatsächlich, sie verlangen allen Ernstes, dass der Staat bei Kaufpreisen von mehr als 20.000 Euro komplett auf die Mehrwertsteuer verzichtet. Die Kundschaft der Yachtwerften, Juweliere und Goldschmiede freut sich schon…
Schauen wir kurz nach Baden-Württemberg. Daimler-Benz beantragte als einer der ersten Großkonzerne zu Beginn des Anti-Pandemie-Regimes Kurzarbeit für 140.000 Beschäftigte. (19) Nahezu zeitgleich kündigte das Management – seine Mitglieder haben Jahreseinkommen von bis zu 12 Millionen Euro – den Aktionären an, bei der nächsten Hauptversammlung Dividenden von insgesamt 963 Millionen Euro auszuloben. (20)
Fast eine Milliarde Euro für Nichtstun außer Couponschneiden: Mit diesem Geld hätte der Betrieb seinen Beschäftigten in Deutschland wochenlang das volle Gehalt zahlen können, ohne die Öffentlichkeit mit der Finanzierung des Kurzarbeitergelds zu belasten und seinen Arbeitnehmern hohe Lohnausfälle zuzumuten.
Geschäftsleben und Moral passen nicht zusammen. Daimler-Benz ist kein Einzelfall. Es gibt DAX-Konzerne serienweise, die auch in der Pandemiekrise fette Gewinne machen und trotzdem die zusätzliche Staatsknete abgreifen. (21) Anders als die dänische Regierung (22) kam das Kabinett Merkel gar nicht auf die Idee, nur solchen Aktiengesellschaften staatliche Hilfen zu gewähren, die wenigstens keine Dividenden zahlen. Es wäre ein Leichtes gewesen, hier für mehr Anstand zu sorgen, wenn schon nicht für mehr Moral.
An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass es für die lohnabhängigen „Helden des Alltags“ überhaupt keine strukturellen Verbesserungen gibt. Es herrscht sogar Dissens darüber, ob wenigstens eine Prämie für die Krisenzeit gezahlt werden sollte und von wem. (23) Weder gibt es Überlegungen, eine angemessene Vergütungsordnung für das medizinische und das Pflegepersonal gesetzlich zu verordnen noch gar für alle sogenannten „Systemrelevanten“.
4000 Euro Mindestgehalt für die Krankenschwester? 6000 Euro für den Assistenzarzt? Arbeitszeit-Höchstgrenze 38 Stunden pro Woche? Voller Freizeitausgleich für Mehrarbeit? Ausreichend Personal dafür in allen medizinischen Einrichtungen? Nicht mal im Traum! Es gibt keinen Gedanken an eine Verstaatlichung des Gesundheitswesens. An der Krankheit lässt sich Geld verdienen, nach dem Prinzip Menschen ausbeuten und Profite einstreichen, Verluste der Gesamtgesellschaft aufhalsen. Sozialminister Heil stimmte sogar täglichen Arbeitsschichten von 12 Stunden in den sensiblen Versorgungsbereichen zu. (24) Der Irrsinn hat Methode.
Die Begünstigung der „Wirtschaft“ gegenüber der lohnabhängigen Bevölkerung ist penetrant. Die gemeinnützigen Einrichtungen, die Kulturszene und deren Institutionen sowie der sogenannte Kleine Mann haben nichts bzw. fast nichts vom staatlichen Geldsegen. Die rund drei Millionen Kleinunternehmen und Solo-Selbständigen kriegen ebenfalls nur ein paar Krümel „Soziales“. Für sie wird insgesamt nicht mal ein Zwanzigstel dessen bereitgestellt, was für die „Großen“ geleistet wird. Es sind nur Einmalbeträge zur teilweisen Deckung der Kosten, die trotz Betriebsschließung anfallen; zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen die Guten Sozialhilfe beantragen. (25)
Beim Blick auf das Leben in der Kurzarbeit wird der Gegensatz von Kapital und Arbeit im Anti-Pandemie-Regime so richtig konkret. Während den Großunternehmen die Euro-Milliarden buchstäblich hinterhergeworfen werden, um ihnen wirtschaftliche Risiken abzunehmen, verlieren Arbeitnehmer in Kurzarbeit 40 Prozent ihres Einkommens. Schon jetzt rechnen die politisch Verantwortlichen damit, dass künftig 1,2 Millionen Menschen mehr als bisher ausschließlich von Hartz-IV bzw. von der Sozialhilfe werden leben müssen. (26) Ist doch schon gut: Wer sich in der Erntezeit als Spargelstecher verdingen will, muss nicht fürchten, dass ihm der vom Bauern gezahlte Hungerlohn mit der „Stütze“ verrechnet wird…
„Abfedern von Risiken“, nennt die Bundesregierung das Kurzarbeitssystem und lässt sich dafür EU-weit bewundern. Aber als Minister Hubertus Heil ebenso kraft- wie folgenlos für eine befristete Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent eintrat, zeigte ihm Tagesthemen-Moderatorin Pinar Atalay, warum sie und ihresgleichen 12.000 Euro monatlich kriegen:
“Wo wollen Sie das Geld herholen, wollen Sie die Allgemeinheit belasten?” (27)
Maulschellen für Empathielosigkeit und fehlenden Gerechtigkeitssinn sind leider verboten.
Beim Kuhhandel um die Anhebung des Kurzarbeitergeldes kam, wie bekannt, hernach denn auch nur eine Mogelpackung heraus. Aufstockung von 60 auf 80 Prozent? Träumt mal schön weiter! Nach einem halben Jahr seht ihr die vielleicht, aber geknüpft an erhebliche Bedingungen. SPD-Seifenblasen-Politik: Eine Regelung schaffen, die schön schillert, aber den Lohnabhängigen nass macht, wenn er danach greift.
Unsere „Hauptsache mitregieren!“-Sozis ließen sich schon wegen der Grundrente unter ungebührlichen Druck setzen. Bekanntlich sollten vom nächsten Jahr an 1,3 Millionen Armutsrentner eine geringfügige Entlastung erhalten: zirka 75 Euro Zuschlag auf die monatliche Grundsicherung. (28) Dagegen haben unsere Wertkonservativen Einwände. Peter Weiß, CDU/CSU-Fraktion:
„Es gibt keinen Anlass, Geld allgemein mit der Gießkanne zu verteilen, zumal uns das Geld dank Corona-Krise nicht mehr in Hülle und Fülle zur Verfügung stehen wird.“ (29)
Ingo Kramer, Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, bremste ebenfalls:
„Die Grundrente ist insbesondere für die jüngere Generation, die ein deutlich kleinerer Jahrgang jeweils sein wird, ganz schwer zu schultern, schon ohne die wirtschaftlichen Folgen, die jetzt die Corona-Krise mit sich bringen wird. Das ist ein weiterer Tropfen, der das Fass einfach überlaufen lässt.“ (ebd.)
Wir wollen an dieser Stelle daran erinnern, dass den Mitgliedern seines Verbandes von Staats wegen gerade mehrere hundert Milliarden Euro in den offenen Rachen gestopft werden. Er und Seinesgleichen denken natürlich nicht daran, sich gemäß ihrem überproportionalen Zahlungsvermögen freiwillig zur Refinanzierung dieses Grundrente-„Tropfens“ heranziehen zu lassen.
Vermögensabgabe? Igitt, sowas kann doch nur dem neuen SPD-Führungsduo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken einfallen, im Bundestag von der Linkspartei als Antrag eingebracht und von der Parlamentsmehrheit abgeschmettert werden:
“Nach Bewältigung der Corona Krise wird eine zeitlich befristete Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre nach Vorbild des deutschen Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg erhoben, um die krisenbedingt gestiegene öffentliche Verschuldung abzubauen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.” (30)
Zusammenhalt wäre zwar nötig, aber es kann keine Rede davon sein. „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen“, weiß der Volksmund. Und darum kriegen Obdachlose keine Staatshilfen, sondern wg. Corona die Notunterkünfte und Suppenküchen gesperrt. Vorschlag für ein Hinweisschild, an den Pforten anzupinnen: Obdachlose, bleibt zuhause! Viele Tafeln sind eh noch geschlossen. Soll das prekär lebende Volk doch selber schauen, wie es mit den drastisch gestiegenen Lebensmittelpreisen fertig wird. (31) Die Regelsätze der Sozialhilfe werden jedenfalls nicht angehoben.
Minijobber und Geringverdiener kommen auch nicht in den Genuss von Kurzarbeitergeld. Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen fallen immer hinten runter. Unser Staat hat für sie nichts übrig. Dass Milliardäre und Multimillionäre nichts von ihrem Reichtum abgeben, dass sie nicht an die soziale Verpflichtung erinnert werden, der ihr Eigentum laut Grundgesetz unterliegt (32), dafür steht der waschechte Sozialdemokrat Olaf Scholz. Der lässt nur Angehörigen der niederen sozialen Schichten Missliches angedeihen, davon aber im Extrem: verabreicht von uniformierten Gewaltbereiten, mit Wasserwerfern, Tränengas und Knüppeln. (33)
Vermögensabgabe, gar eine permanente Vermögenssteuer? Bloß nicht! Erbschaftssteuer an die Einkommenssteuer angleichen? Um Himmels willen! Spitzensteuersatz wieder auf 52 Prozent anheben wie zu „Einheitskanzler“ Helmut Kohls Zeiten? Ausgeschlossen! Steuerflüchtige Krisengewinnler wie Amazon abschöpfen? Spekulative „Leerverkäufe“ an der Börse verbieten, wie Frankreich und Italien es vorgemacht haben? (34).
Auf keinen Fall! Olaf Scholz weiß:
”Wir haben genug Geld, wir können allen helfen”. (35)
Es zeichnet sich demnach ab, dass die Extra-Billion Euro zur Bewältigung der Pandemiefolgen dem Steuerzahler in Form verschachtelter und versteckter Nebenhaushalte aufgehalst wird, auf gleich undurchsichtige Art, wie die „bad banks“ zur Bewältigung der Finanzkrise 2008 geschaffen wurden. Bis heute ist es nicht einmal dem Rechnungshof gelungen, die intransparenten, wenn nicht gar mafiösen Verfahrenstricks vollständig zu durchdringen. (36)
Getilgt wurden diese Schulden bisher mit Geldwertverlust bei Nullzinsen und mit gleichzeitigem Wirtschaftswachstum. Offenbar denkt die Bundesregierung daran, mit den Sonderausgaben zur Bewältigung der Corona-Krise ebenso zu verfahren. Winfried Kretschmann (Bündnis90/Die Grünen), Ministerpräsident in Stuttgart, weiß jetzt schon, wie es läuft: Letztlich werde die gesamte Bevölkerung dafür bezahlen.
„Die meisten Menschen werden nach der Corona-Krise erstmal ärmer sein.“ Milliarden müssten in den Haushalten eingespart werden. „Das Geld fällt ja nicht vom Himmel.“ (37)
Irrtum, Herr „einschpare“-Minischterpräsident: Von irgendwo da oben fällt bannig viel Geld herab, die Familien Albrecht, Schwarz, Klatten, Quandt, Otto, Springer, Mohn, Schaeffler, Viessmann und andere können es bezeugen. „Den Seinen gibt´s der Herr im Schlafe“, das steht doch so schon in der Bibel, im Psalm 127, dem Loblied auf die Faulheit. 126 deutsche Milliardärsfamilien und mehr als 1,5 Millionen Multimillionäre genießen den alttestamentarischen Segen. Sie wissen es zu verhindern, dass wir uns zu neuen Ufern aufmachen, die schreiende Ungleichheit beenden und das Eigentum an den Produktionsmitteln vergesellschaften. Ihre Marionetten in Berlin werden uns vielmehr zur Rettung des Reichtums der Reichen weiter entlang der alten Ufer treideln lassen.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36675.html
(2) https://www.rtl.de/cms/live-ticker-coronavirus-alle-infos-und-entwicklungen-vom-17-april-2020-4525642.html
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Südkorea
(4) https://www.luzernerzeitung.ch/international/coronakrise-niemand-machts-besser-als-taiwan-ld.1208913
(5) https://www.antenne-sylt.de/service/news/beitrag/spahn-spricht-von-einem-inzwischen-beherrschbaren-ausbruch.html
(6) http://www.free21.org/westlessness/
(7) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7437.html
(8) https://www.mdr.de/nachrichten/panorama/ticker-corona-virus-donnerstag-sechzehnter-april-100.html
(9) https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/2020-04-22-de.pdf?__blob=publicationFile
(10) https://www.kma-online.de/aktuelles/politik/detail/praesident-der-bundesaerztekammer-fordert-deutschland-zur-kreativitaet-auf-a-42909
(11) https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/index.html
(12) https://www.kma-online.de/aktuelles/pflege/detail/pflegesektor-trotz-coronavirus-vernachlaessigt-a-43107
(13) https://www.fuldaerzeitung.de/regional/fulda/mundschutz-pflicht-oder-nicht-das-sagen-experten-passanten-und-handler-NF9502249
(14) https://www.t-online.de/finanzen/boerse/news/id_87727678/corona-krise-das-ist-der-wahnsinn-die-preise-fuer-mundschutze-explodieren.html
(15) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36697.html
(16) https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona-Schutzschild/2020-03-13-Milliarden-Schutzschild-fuer-Deutschland.html
(17) https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw13-de-corona-schuldenbremse-688956
(18) https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/503498/Noch-mehr-Subventionen-bitte-Wie-die-Autobauer-in-der-Corona-Krise-den-Steuerzahler-bluten-lassen
(19) https://www.daimler.com/konzern/news/covid-19-voruebergehende-kurzarbeit.html
(20) https://www.daimler.com/investoren/aktie/dividende/
(21) https://www.fabio-de-masi.de/de/article/2690.spiegel-die-hilfen-kassieren-die-gewinne-auch.html
(22) https://deutsch.rt.com/europa/101251-danemark-keine-staatshilfen-fur-unternehmen/
(23) https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-wer-soll-die-dankespraemie-fuer-pflegekraefte-bezahlen-16735544.html
(24) https://www.bibliomed-pflege.de/alle-news/detailansicht/artikel/40297-heil-erlaubt-12-stunden-schichten/
(25) https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/Corona-Virus/unterstuetzungsmassnahmen-faq-04.html
(26) https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw13-de-corona-infektionsschutz-688952
(27) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-689873.html
(28) https://www.tagesspiegel.de/politik/wer-bekommt-grundrente-die-wichtigsten-fragen-und-antworten/25214600.html
(29) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-36609.html
(30) https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw13-de-corona-schuldenbremse-688956
(31) https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/503589/Fleisch-Obst-und-Gemuese-werden-deutlich-teurer
(32) https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_14.html
(33) https://www.hamburger-gitter.org/presse.html
(34) https://www.youtube.com/watch?v=ND8clPgLSx0.
(35) https://www.welt.de/vermischtes/article206527207/Scholz-bei-Illner-Wir-haben-genug-Geld-wir-koennen-allen-helfen.html
(36) https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/beratungsberichte/entwicklung-einzelplaene/2020/langfassungen/2019-bericht-information-ueber-die-entwicklung-des-einzelplans-32-bundesschuld-fuer-die-beratungen-zum-bundeshaushalt-2020-pdf
(37) https://www.fnweb.de/newsticker/newsticker-dpa_ticker,-region-kretschmann-die-meisten-werden-nach-corona-krise-erstmal-aermer-sein-_tickerid,123009.html
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Quelle Beitragsbild: Reuters
Reif für die Abwahl: Kabinett Merkel
Seehofers „Studie“ beweist pure Unfähigkeit – Nach der Pandemie ist eine Generalabrechnung fällig
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Die innenministerielle Studie „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen“(1) sollte geheim bleiben (“VS- Verschlusssache“). Inzwischen ist sie Gegenstand harter Kritik an der Bundesregierung und wilder Spekulationen über deren Absichten. Obwohl sogar die Tagesschau kurz über das Papier berichtete, blieben sein Urzweck und die daraus abzuleitende Bankrotterklärung weitgehend unbeachtet: Das „Geheimpapier“ dokumentiert ungewollt, dass das bundesweite Ausgehverbot samt schwerwiegenden Folgen vermeidbar gewesen wäre.
Die Studie hatte darlegen sollen, wie man der Bürgermehrheit schmerzliche und äußerst kostspielige Solidarität mit der von der Virus-Epidemie überdurchschnittlich gefährdeten „Risikogruppe“ abfordern könnte und wie man diese Maßnahmen „kommunizieren“ müsse. (Anm. 1, S.16, s.a. Anm. 2) Klartext: Abgenötigte Solidarität mit Rentnern, Behinderten, Vorerkrankten und Schwachen. Das sind 30 Millionen Menschen. Von wegen „Gruppe“!
Der erste Covid-19-Fall in Deutschland wurde am 28. Januar gemeldet. Bei sofortigen Massentests und strikter Isolation der Infizierten wie in Südkorea hätte das Alltagsleben bei uns ebenfalls ohne wesentliche Einschränkungen weitergehen können. Dazu fehlten hierzulande jedoch nicht nur die materiellen Voraussetzungen. Es gab keinen politischen Willen dazu.
Südkorea hatte die „Vorwarnzeit“ nach dem Ausbruch der Epidemie in der Volksrepublik China umgehend genutzt. In Deutschland wurde sie verbummelt. Die Kanzlerin war dem Alltag entschwebt, der Gesundheitsminister damit beschäftigt, für den CDU-Vorsitz zu antichambrieren; seinen Kandidaturverzicht teilte Spahn erst am 25. Februar mit. (3) Er hätte in den Wochen zuvor wahrhaftig Wichtigeres zu tun gehabt, als seinen Karriereabsichten zu frönen.
Es fehlte an allem
Seit Anfang Januar war unübersehbar, dass Covid-19 in der Bundesrepublik auf ein unvorbereitetes Gesundheitswesen treffen würde: neoliberal heruntergeschrumpfte personelle und materielle Kapazitäten, ungenügende Krankenhausversorgung und zu wenig Potential für Intensivpflege. Die Abwehrkonzepte in Fernost wurden weder beachtet noch gar Vergleichbares für Deutschland erwogen: Rigorose Quarantäne und Schutzmaßnahmen (VR China), „flächendeckende“ Suche nach Infizierten und deren strikte Isolation (Südkorea) sowie Kombinationsformen beider Konzepte (Singapur, Hongkong, Taiwan).
In einer Regierungserklärung hatte Spahn noch am 4. März erklärt, die Ansteckungsquelle („im Ausland“) sei erkannt, alle betroffenen Deutschen sowie ihre Kontaktpersonen seien in Quarantäne genommen worden.
„So ist es uns über Wochen hinweg gelungen, eine Ausbreitung zu verhindern.“ (4)
Wer es gewohnt ist, die Machtapparatur einer Regierung kritisch im Auge zu halten, konnte es erkennen: Bundesinnenminister Horst Seehofer wusste längst, dass Spahn „über Wochen hinweg“ Zeit verplempert hatte und mit seinem „weiter so“ nichts mehr zu verhindern war. Schließlich war „der Horstl“ selbst einmal Gesundheitsminister gewesen. (5)
Substanziell Unerlässliches geschah nicht. Das Kabinett Merkel hatte den Kopf in den Sand gesteckt und beließ ihn da.
Am 18. März schließlich erteilte Seehofer ohne Rücksicht auf Spahns Zuständigkeiten einen Eilauftrag: Sofort zusammenstellen, mit welchen Maßnahmen das Tempo der Masseninfektion zu drosseln wäre. Die Studie „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen“ entstand binnen weniger Tage mithilfe des Robert-Koch-Instituts und weiterer Fachleute, auch von ausländischen Universitäten. Einige ihrer Vorschläge dürften bereits am 23. März den ersten weitergehenden Maßnahmen – Ausgangsbeschränkungen, Abstandsgebot – zugrunde gelegen haben.
„Im schlimmsten Falle…“
Die Expertengruppe ging – methodisch konsequent – vom zwar unwahrscheinlichen, aber denkbar schlimmsten Ausmaß der Epidemie aus, falls man die Dinge einfach laufen ließe: von bis zu 1,2 Millionen Toten. (s.Anm.1) Alle mindernden Abwehrkonzepte werden in dem Papier erörtert und ihre Effizienz gegen die sozialen und ökonomischen Risiken abgewogen. Folgerichtig empfahlen die Experten der Bundesregierung das Südkorea-Modell:
”Dort wurden mit minimalen Ausgangsbeschränkungen, vor allem durch effizientes Testen und Isolieren, die verschiedenen Ausbrüche erfolgreich unter Kontrolle gebracht.” (Anm. 1, S. 2)
Warum klappte das in Deutschland nicht? Warum mussten hierzulande umfassende Ausgangsbeschränkungen verhängt und die rigorose Schließung von Betrieben und Geschäften mit viel Publikumsverkehr verhängt werden – zwar bei weitem keine so strikte Quarantäne wie in China, aber ausreichend Anlass für Verunsicherung, öffentlichen Streit über Berechtigung, Angemessenheit und Zweckmäßigkeit? Für ins Absurde abgleitende Debatten, bis hin zu abenteuerlichen Spekulationen über Absichten und Ziel dieser Ersatzhandlungen?
Die kaum zu fassende Antwort darauf ergibt sich aus zwei so entscheidenden wie verschnörkelten Sätzen in dem Strategiepapier:
“In der jetzigen Phase der Epidemie können wir (hoffentlich) davon ausgehen, dass die Testkapazität sehr schnell hochgefahren werden kann. Davon ausgehend ist es besser, eine sehr scharfe, aber kurze Periode der Ausgangsbeschränkungen zu haben, nur bis die Maßnahmen zu Testen und Isolieren greifen.“ (Anm. 1, S.15)
Mit anderen Worten: Die Bundesregierung hat wochenlang weitergeschlafen, statt schon Ende Januar die „Testkapazität sehr schnell hochzufahren“. Sie konnte dem südkoreanischen Vorbild nicht folgen, weil die deutschen Kapazitäten noch Anfang März erst für 7000 Tests pro Tag reichten.
Inzwischen sind sie zwar auf knapp 100.000 ausgebaut worden (6), geplant ist eine Verdopplung. (Anm.1, S.15). Eine Rechnung ohne den Wirt. „Staatsvirologe“ Christian Drosten ließ am 7. April wissen, dieses Ziel sei nicht erreichbar, es stünden „bestimmte Reagenzien“ für die Testkits nicht zur Verfügung. (7) Im Skat würde man dem Mitspieler Spahn sagen: Hosen runter.
Die Regierung sah sich gezwungen, die verplemperte Zeit aufzuholen. Eine rasante Ausbreitung der Infektion war nur noch mit massiven Ausgangssperren und Kontaktverboten zu bremsen. Gute Vorbereitung und sofortiges Handeln wie in Südkorea hätten das wahrscheinlich überflüssig gemacht. Das ganze Gerede drumherum diente dem Zweck, das politische Versagen zu verschleiern.
Deshalb sei hier noch einmal daran erinnert, dass Minister Spahn am 22. Januar verkündet hatte:
„Falls das Virus in Europa auftaucht, gibt es entsprechende Pläne.“ (8)
Wichtig sei, schnell herauszufinden wo sich der Infizierte angesteckt haben könnte und dann alle Betroffenen rasch zu informieren.
„Dazu ist unser Gesundheitssystem in Europa inzwischen in der Lage“. (ebd.)
Noch Anfang März, Konsequenz der Rat- und Tatenlosigkeit, redeten die Verantwortlichen in Berlin die Gefahren klein, obwohl es schon 8000 Infizierte in Deutschland gab. Zur Beschwichtigung der aufkommenden großen Unruhe dienten Lügen, Ausreden und Ablenkungsmanöver. Die Massenmedien wurden eingespannt wie üblich, Jens Spahn törnte von einer Pressekonferenz zur nächsten.
Bundeskanzlerin Merkel, ersichtlich ungenügend im Bilde, sagte im März noch voraus, die Ansteckung werde 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung erfassen; sie setzte offenkundig darauf, dass das kontrolliert werden könne und sich parallel eine „Herdenimmunisierung“ entwickle. (9) Wusste sie nichts oder war sie falsch beraten?
Die Nase voll
Aus dem „Geheimdokument“ lässt sich schließen, dass Seehofer spätestens Mitte März vom Herumlavieren der Kanzlerin und ihres Gesundheitsministers die Nase voll hatte: Die Bevölkerung müsse jetzt mittels äußerster Dramatisierung zu der Einsicht gedrängt werden, dass es zum rigorosen Regierungshandeln „keine Alternative“ mehr gebe. (Anm.1, S.16)
Aussichtslos die Hoffnung, man könne nach kurzer Allgemein-Quarantäne zu den in Südkorea erprobten Methoden übergehen und Deutschland aus der Malaise führen. Virologie-Supermann Drosten am 23. März:
„Die in Südkorea vorhandene Personaldecke ist in Deutschland nicht vorhanden.” (10)
In die Scheinwelt des Gesundheitsministers drang er damit augenscheinlich nicht vor. Der tönte noch am 26. März auf einer Bundespressekonferenz von der Nützlichkeit des Südkorea- „Trackings“, von der Auswertung von Handy-Daten zur Ermittlungen von Bewegungsprofilen und Kontaktpersonen Infizierter sowie von über 500.000 bereits durchgeführte Testungen bei uns – hierzulande also alles paletti…
„Die unfähigste Regierung seit 1949“ (11) inszenierte sich, wie wir sie kennen: verstrickt in Widersprüchen, mit fehlender Transparenz und mit Durcheinandergerede ihrer Minister sowie deren Spitzenbeauftragten. Dazwischen zwei Ansprachen der Kanzlerin im Gestus der omnipotenten Mutti der Nation.
Und die Tagesschau? Der Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung hatte das Strategiepapier des Innenministers entdeckt. ARD-aktuell berichtete darüber kurz und indifferent in ihren Fernsehnachrichten (12), ausführlicher auf tagesschau.de. (13) Die Redaktion ließ aber offen, wie die Studie des Innenministeriums politisch einzuschätzen und zu interpretieren sei: Erklären, aufklären, sichtbar machen, dass da ein politischer Offenbarungseid geleistet worden war? Fehlanzeige. Stattdessen der für Staatsfunker typische Verlautbarungsjournalismus unter Beachtung des Interesses der Bundesregierung.
Wann endet der Albtraum? Die Kanzlerin hat auch auf ihrer Pressekonferenz am 6. April abgelehnt, die Regierungsstrategie offenzulegen. Fragen nach den Kriterien, nach Gestalt und Termin eines Exits aus dem Anti-Pandemie-Regime wich sie aus oder lehnte eine Antwort ab. (14) Das weitere Vorgehen hänge „von der Entwicklung der Infektionszahlen“ ab.
Von der Kanzlerin muss man erwarten, dass sie konkrete Vorstellungen über die Beendigung des Ausnahmezustands hat, über die Rückführung in den Normalzustand. Merkels sture Heimlichtuerei und ihr Herumdrucksen strapazieren das Verständnis einer wachsenden Zahl von Bürgern.
Die Schickeria
Derweil zeigen die Spitzen von Politik und Gesellschaft bedrückenden Mangel an Solidarbewusstsein im Hinblick auf den Alltag von Millionen armer Menschen, auf das Leben der „Hartzer“, Armutsrentner, Behinderten, Tafelbesucher und anderen „Prekären“: Keine Reisen, kein Shoppen nach Lust und Laune, keine Soireen, keine „angesagten“ Restaurants, keine Besuche in Opernhäusern und Bordellen, kein üblicher gesellschaftlicher Luxus – kurzum, den Verzicht auf ihre dolce vita wollten sich mehr und mehr „Bessergestellte“ schon nach 14 Tagen nicht länger zumuten lassen.
Als das schändliche Hartz-IV-Regime verfügt und Millionen sozial Schwachen die Würde und sogar die bescheidensten Altersrücklagen genommen wurden, war das dieser Schickeria egal. Jetzt plärren die Betuchten und pochen auf ihre „Grundrechte“.
Bekannte Fürsprecher dieser Linie gibt es zuhauf. Der Ökonom Thomas Straubhaar setzt auf „kontrollierte Infizierung“, Selektion und “Schutz” der Risikogruppe. (15) Wie das mit 30 Millionen Schutzbedürftigen gehen soll, lässt er freilich offen. Boris Palmer, Tübinger Oberbürgermeister und Aushängeschild der Grünen, assistiert:
„Menschen, die über 65 Jahre alt sind, und Risikogruppen werden aus dem Alltag herausgenommen“. (16)
Die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff:
„Ich denke, es wird über kurz oder lang darauf hinauslaufen müssen, dass die einschneidenden Restriktionen sich auf Ruheständler und andere spezielle Risikogruppen konzentrieren.” (17)
Falls die Bundesregierung bezweckt hatte, die Bevölkerung von Restbeständen ethischer Grundsätze zu befreien, so kann sie erste Erfolge verbuchen. Auch die Tagesschau gibt sich als Podium dafür her.
Absolut Unvergleichbares wird in diesem „Diskurs“ bedenkenlos gegeneinander abgewogen: zuallererst das Grundrecht auf Leben und Gesundheit gegen das Grundrecht auf Eigentum. Natürlich ohne jeden Gedanken daran, den Geldadel bezahlen zu lassen, ihn zur Entlastung der Armen und sozial Isolierten heranzuziehen – obwohl er über Netto-Geldvermögen von mindestens 6 Billionen Euro verfügt (18), die sich auf fiskalische Präferenzen stützen, wie sie dem „kleinen Mann“ niemals zuteilwerden.
Die Bundesregierung verfügt über alle medialen und exekutiven Machtmittel zur Manipulation der Massen und wendet sie längst an. Auch jetzt, wie der Inhalt der Seehofer-Studie und der Umgang mit derselben zeigen. Nach dem Abflauen der Covid-19-Pandemie müssen diese Offenbarung regierender Unfähigkeit und deren bleibende Schäden wieder auf den Tisch kommen. Remedur ist unabdingbar, es muss mit Merkels Gruselkabinett abgerechnet werden, politisch und persönlich. Dazu haben wir das Parlament – und die Justiz.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://fragdenstaat.de/dokumente/4123-wie-wir-covid-19-unter-kontrolle-bekommen/
(2) Ein gelungenes Beispiel – bereits fünf Millionen Klicks – stellt das „Mailab“-Video dar. https://www.youtube.com/watch?v=3z0gnXgK8Do&feature=youtu.be.
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Spahn#Bewerbung_um_den_CDU-Vorsitz
(4) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/reden/regierungserklaerung-coronavirus.html
(6) https://www.swr.de/swraktuell/corona-testkapazitaeten-gesteigert-100.html
(9) https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-03/angela-merkel-corona-pressekonferenz-jens-spahn
(10) https://www.youtube.com/watch?v=LZPRpvPbMe0&t=100s.
(11) https://egon-w-kreutzer.de/nachdenklich-virologisches-zum-wochenende
(12) https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7413.html
(13) https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-strategiepapier-szenarien-101.html
(18) https://www.tagesgeldvergleich.net/statistiken/geldvermoegen.html
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Dr. Gniffkes Macht um acht
Der Kampf um Ost-Ghouta, durch die Tagesschau-Brille gesehen
Mindestens 5 Programmverstöße in einem einzigen kurzen Beitrag
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Sechs Jahre lang führten internationale Söldner und mehrere islamistische Terroristenorganisationen ein grauenhaftes Regime im syrischen Bezirk Ost-Ghouta. Sie erzwangen religiöse und ethnische „Säuberungen“, sperrten Andersgläubige (Alawiten) in Käfige und nutzten sie als menschliche Schutzschilde gegen Angriffe der syrische Armee. Aron Lund, schwedischer Journalist, hat dokumentiert, wie die „Rebellen“ und „Aufständischen“ in Ost-Ghouta hausten und wie diese Herrschaft der islamistischen, salafistischen Milizen und ihrer Schariagerichte in der Praxis aussah. In all der Zeit war das Leid der Einwohner Ost-Ghoutas der Redaktion ARD-aktuell kaum eine Zeile wert. Selbst der permanente Beschuss von Wohngebieten im benachbarten Damaskus durch die „Rebellen“ mit hunderten getöteten Zivilisten fand in der Tagesschau kaum Erwähnung.
Die an vielen anderen Kriegsherden im Land unter Feuer stehende syrische Armee hatte den Bezirk östlich der Hauptstadt Damaskus zwar isolieren können, aber erst zu Beginn dieses Jahres verfügte sie über ausreichende Kräfte für den Kampf zu seiner Befreiung. Prompt startete ARD-aktuell ihre Propaganda-Kampagne: gegen die syrische Armee und deren Verbündete, die Streitkräfte der Russen und der iranischen Hisbollah. Sie hätten das Gebiet und seine hunderttausende Zivilisten „eingeschlossen“ und versuchten nun mittels rücksichtsloser Bombardierung, es zu „erobern“.
Die Tagesschau-Berichterstattung über den syrischen Versuch, die Bewohner Ost-Ghoutas vom Terrorregime zu befreien, den Mörserbeschuss der „Rebellen“ mit seinen tödlichen Folgen für die Bewohner der Hauptstadt Damaskus zu beenden und nach Jahren grauenhafter islamistischer Tyrannei die staatliche Ordnung wiederherzustellen, litt von Anbeginn unter dieser propagandistisch verzerrten Perspektive.
Chefredakteur Dr. Gniffke bot für ihre Beibehaltung alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel auf, einschließlich der ARD-Korrespondenten, die irgend dafür infrage kamen. Seine redaktionelle Linie folgte getreulich der vergifteten agitatorischen Parole, die Bundeskanzlerin Merkel am 22.Februar 2018 ausgegeben hatte:
„Was wir im Augenblick sehen, die schrecklichen Ereignisse in Syrien, der Kampf eines Regimes nicht gegen Terroristen, sondern gegen seine eigene Bevölkerung, die Tötung von Kindern, das Zerstören von Krankenhäusern, all das ist ein Massaker, das es zu verurteilen gilt“.
Für zu regierungsfrommem Konformismus angehaltene Journalisten hieß es also, zu „verurteilen“ anstatt objektiv zu berichten. Am 23.2.2018 ließ denn auch WDR-Reporter Hermann Krause (ARD-Sudio Moskau), erfahrener antirussischer Propagandist, getreulich Merkels Agitation eine Tirade über russische Medien vom Stapel, weil deren Lageberichte aus Syrien natürlich keine transatlantische AgitProp im Stil der berüchtigten „Brutkastenlüge“ enthielten. Sie sahen vielmehr so aus (Auszug aus einem russischen TV-Beitrag):
„Nun zu einem anderem Thema – die humanitäre Krise in Ost-Ghouta. In dieser Zone der Deeskalation beschießen die Kämpfer die Zivilbevölkerung. Sie benutzen die Menschen als Schutzschilder. Die Terroristen blockieren die Ausgänge der Stadt und lassen keine humanitäre Hilfe zu.“
Dem ARD-Krause gefiel das nicht. Er überging die dschihadistischen Verbrechen – genau wie seine Vordenkerin im Kanzleramt – mit Vorwürfen wie diesen:
„Kein Wort über Bombardierungen von Seiten der syrischen Luftwaffe. Dass auch russische Bomben auf die umkämpfte Stadt fallen, wie von westlichen Medien gemeldet – auch darüber kein Wort.“
Das sagt auch noch ein Herr Krause, der als notorischer Exponent der einseitigen Berichterstattung bekannt ist..
Es folgt das übliche propagandistische Verfahren von ARD-aktuell: Keine präzise Quellenangabe; Verkehren von Ursache und Wirkung; Konzentration auf den Schrecken anstatt auf dessen Ende; Ablenkung davon, dass nicht syrische Armee und deren Verbündete das Terreorregime in Ost-Ghouta eingerichtet und geführt hatten, sondern Dschihadisten, Kopfabschneider, Terroristen und Söldner aus aller Herren Länder; Schweigen darüber, dass deren Herrschaft mittels Mord und Totschlag von der „Westlichen Wertegemeinschaft“ unterstützt, finanziert, bewaffnet und angeleitet worden war mit dem Auftrag: „Assad muss weg“. Das geostrategische Interesse des Westens an der Eroberung und Aufteilung Syriens und seiner Ressourcen und an der Nutzung des Landes als weiteres Aufmarschgebiet gegen Russland und dessen Verbündeten blieb bei der ARD-aktuell-Berichterstattung außen vor.
Seine Propagandakampagne setzte ARD-aktuell in der gleichen Methodik fort, die auch in der Berichterstattung über die Befreiung Ost-Aleppos praktiziert worden war: mit einem grausigen Mix aus fragmentarischen Fakten, Hetze, unbestätigten Meldungen, Vermutungen und wüsten Behauptungen aus trüben Dschihadisten-Quellen. Ein paar Kostproben:
„Hunderte Tote. Zivilisten, Kinder. Bombardierte Krankenhäuser. Unbestätigten Meldungen zufolge Fassbomben der syrischen Armee.“ „In Ost-Ghouta sind etwa 400.000 Menschen fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten… Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete zudem, die syrische Luftwaffe habe mehrere Dörfer in der Enklave beschossen. Ein Hubschrauber habe zwei Fassbomben abgeworfen, in einigen Orten seien zudem Raketen und Granaten eingeschlagen.“
SWR-Korrespondent Hechler (ARD-Studio Kairo), persönlich im Wortsinne weitab vom Schuss, wartet gar mit Videos aus Ost-Ghouta auf. Die Herkunft des Filmmaterials bleibt unerwähnt, es handelt sich eindeutig nicht um Eigenproduktion, sondern um Erzeugnisse der dschihadistischen Mörder. Gezeigt werden nicht informierende, sondern emotionalisierende Bilder von Opfern des Krieges. Das Leiden der syrischen Zivilbevölkerung wird instrumentalisiert mit dem üblichen Fingerzeig auf Assad und seine Verbündeten als die „Schuldigen“.
Obwohl kein ARD-Reporter Ost-Ghouta betreten und sich selbst davon überzeugt hat, wird in dem Beitrag behauptet:
„Aber die meisten der 400.000 Menschen in Ost-Ghouta … bleiben dort, weil sie Angst vor den Assad-Truppen haben, vielleicht auch, weil Aufständische sie an der Flucht hindern.“
“Angst vor den Assad-Truppen” wird somit zur Tatsache erhoben. Behinderung durch “Aufständische“ bleibt hingegen nur ein “Vielleicht”. Das ist gezielt prpagandistische Spekulation: Nichts wird belegt, aber mörderische Terroristen werden zu “Aufständischen” geadelt.
Die beweislose und auf puren Gerüchten basierende Verdächtigung, die syrische Armee habe trotz Chemiewaffenverbots Giftgas eingesetzt, durfte in diesem ARD-Prachtstück von AgitProp natürlich ebenfalls nicht fehlen:
„Mediziner und Anwohner meldeten am Mittwochabend Todesfälle durch Ersticken und Menschen, die Schwierigkeiten beim Atmen hatten. Sie warfen der Regierung vor, in der Nacht Chlorgas eingesetzt zu haben. Ein Chirurg in Ost-Ghouta sagte, er habe Kinder mit Atemproblemen behandelt. Eine unabhängige Bestätigung gab es nicht.“
Als sich abzeichnet, dass die von der ARD medial geradezu gehätschelten Terroristen auf der Verliererstraße sind, meldet Gniffkes Qualitätstruppe:
„Angesichts der anhaltenden Gefechte flüchteten erneut Tausende Zivilisten aus Ost-Ghouta.“
Mit keinem Wort wird darauf hingewiesen, dass es eine Flucht vor den Terroristen war, über von syrischer Armee und Russen gesicherte Fluchtkorridore. Solche hilfreichen Hinweise für ein objektiveres Bild vom Geschehen wurden dem TV-Zuschauer nicht gewährt. Zwischendurch stattdessen der Rückgriff auf Behauptungen des obskuren Kleiderhändlers aus Coventry und seiner “Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte”:
„Im syrischen Rebellengebiet Ost-Ghouta sind Aktivisten zufolge bei einem Angriff auf eine Schule mindestens 22 Menschen getötet worden, darunter 16 Kinder.“
“Informationen”, für die es keinerlei Beweise gab, keine weiteren Fakten, keine Bestätigung aus anderen Quellen. Mutmaßlich reine Erfindungen.
Nach der Kapitulation der meisten Terroristen-Verbände dann SWR-Korrespondent Kühntopp (ARD-Studio Kairo), bekannt als Saudi-Arabien-Fan, mit einem Resümee:
„Syrische Staatsmedien feiern „Befreiung“ von Ost-Ghouta“
schrieb er angesäuert und setzte das Wort “Befreiung” in Anführungszeichen, um den ganzen Vorgang fragwürdig zu machen. Freilich, für die bis dato in Ost-Ghouta herrschenden terroristischen Besatzer war es eine Niederlage, der erzwungene Abzug aus dem Bezirk.
Einfacher und zudem wertungsfrei wäre es demnach gewesen, auf den Begriff “Befreiung” ganz zu verzichten und lediglich von einer Einnahme des Bezirks zu schreiben.
Kühntopps Wertung ist unvereinbar mit der Pflicht zur unparteiischen Berichterstattung.
Weiter heißt es:
„Ghouta unter Assads Kontrolle“.
Diese Schlagzeile ist unvereinbar mit der Richtlinie im Rundfunkstaatsvertrag, „sachlich und objektiv“ zu berichten. Sie ist eine negativ konnotierte, personalisierende und abwertende Formel, die in agitatorischer Absicht ignoriert, dass ein militärischer Akt zur Wiederherstellung legaler Staatlichkeit stattgefunden hat. Korrekt wäre der Ausdruck „unter Kontrolle der syrischen Regierung“ gewessen. Personalisierung und Dämonisierung von Politikern in Konfliktlagen sind hingegen staatsvertragswidrige Mittel der Desinformation und Propaganda.
Wochenlang behauptete ARD-aktuell, 400.000 Menschen seien in Ost-Ghouta eingeschlossen. Jetzt heißt es erst vorsichtiger „zunächst lebten noch 400.000 Menschen“ in der Stadt. Und dann, ohne jegliche Erklärung, ist plötzlich nur noch von 100.000 Menschen die Rede, die die Stadt verließen. Wo ist der Rest geblieben?
Eine Antwort hat und bietet ARD-aktuell nicht. Es ist dasselbe methodische Dilemma wie bei der Befreiung Ost-Aleppos: Von den aufgebauschten Zahlen, erfunden und verwendet zur Verstärkung des Effekts der antirussischen und antisyrischen Propaganda, kommt ARD-aktuell mit Anstand nicht wieder herunter, also werden sie einfach nicht mehr erwähnt. Das Kollektivgedächtnis ist kurz, meint man bei ARD-aktuell zu wissen.
Kein Wort auch über die „Weisshelme“ und ihre Freunde, die das ARD-Studio im 1000 km entfernten Kairo gegen gutes Rundfunkgebühren-Geld mit dschihadistischen Propagandafilmchen über Ost-Ghouta versorgt hatten. Wie bereits in Ost-Aleppo verschwanden diese „Aktivisten“ schlagartig von der Bildfläche und aus der Berichterstattung.
Gut informierte Quellen (u.a. https://nocheinparteibuch.wordpress.com) berichten, dass sie den Terroristen und dem Heer internationaler Söldner nach Idlib, dem letzten Zufluchtsort der Kopfabschneider im Nordwestzipfel Syriens gefolgt sind. Das Verschweigen des Verbleibs der „Weisshelme“ verstößt gegen das staatsvertragliche Gebot, „umfassend“, d.h. über alle wesentlichen Fakten zu berichten.
Kühntopp führt weiter aus:
„Mitte März entkamen die ersten Zivilisten der Hölle, zu der Ost-Ghouta geworden war…“
Das ist Boulevard-Journalismus primitivster Art. Er unterstellt zumindest indirekt, dass der Bezirk erst mit Beginn der Befreiungskampagne der syrischen Armee zur “Hölle” wurde; aufgrund aller Zeugenaussagen aus dem nun wieder befriedeten Ost-Aleppo ist aber davon auszugehen, dass in Ost-Ghouta bereits seit mehr als fünf Jahren fürchterliche Zustände herrschten.
Der kurze Beitrag der ARD-aktuell verstößt mindestens fünfmal gegen maßgebliche Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages, ganz zu schweigen von den unzähligen Verstößen seit Beginn der Kampagne am 22.2.18. Verletzt wurden die Verpflichtung zu objektiver, unabhängiger und sachlicher Berichterstattung, gestützt auf überprüfte Fakten, sowie der Auftrag, den Zuschauer zu einem eigenständigen sachgerechten Urteil zu befähigen. Auch der Auftrag, zur Völkerverständigung Dienliches beizutragen, wurde nicht erfüllt.
Diese gesetzlichen Verpflichtungen, gegen die ständig und skrupellos verstoßen wird, sind in
§§ 5.7 und 8 NDR Staatsvertrag, § 11e Rundfunkstaatsvertrag sowie in den daraus abgeleiteten “Grundsätze für die Zusammenarbeit im ARD-Gemeinschaftsprogramm Erstes Deutsches Fernsehen und anderen Gemeinschaftsprogramen und –angeboten” festgelegt. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, sind diese gesetzlichen Verpflichtungen für ARD-aktuell, für die Intendanten und ihre Hilfswilligen in den Rundfunkräten allerdings nur Makulatur.
*)Programmkritik
Wir verzichten zukünftig auf die Rubrizierung „Programmbeschwerde“ und auf entsprechende Schreiben an den NDR-Rundfunkrat (s. Anhang). Viele hundert Male haben diese Prozeduren nur zu unergiebigem Schriftwechsel geführt, mit hohem Zeitaufwand für uns. Wir halten argumentative öffentliche Auseinandersetzung mit dem problematischen Informationsangebot aber weiterhin für nötig und werden sie im neuen Format – wie hier – als „Programmkritik“ fortsetzen.
An: „NDR RR VWR“ gremienbuero@ndr.de Datum: 3. April 20018 Betreff: Programmbeschwerden
Sehr geehrter Herr Dr. Hörmann,
wir haben Ihr Schreiben vom 23.3.2018 zur Kenntnis genommen. 19 Programmbeschwerden, pauschal abgelehnt, einige erst nach Ablauf von fast einem Jahr seit Eingabe, allesamt argumentationslos und ohne jegliche Begründung „erledigt“. Diese siebente Massenabfertigung demonstriert nur einmal mehr die Abwesenheit von Sachkompetenz und Bürgersinn im gesamten Rundfunkrat.
Ihnen als Vorsitzendem blieb es vorbehalten, das Rechtsmittel „Eingabe“ nach § 13 NDR-StV – unter Inanspruchnahme der Beihilfe Ihrer Politikerfreunde in den Staatskanzleien – noch weiter zu entwerten, Eingaben beliebig und zwecks Arbeitsvermeidung in „Anregungen“ oder „Beschwerden“ einzuteilen und ihnen allenfalls eine formale Larifari-Behandlung angedeihen zu lassen.
Zu Ihrem rechtsmissbräuchlichen Umgang mit einem Grundrecht der Rundfunkteilnehmer wollen wir nicht länger Material liefern.
Auf Ihre formale Erledigung unserer noch offenen (+) 50 Beschwerden legen wir aus den genannten Gründen keinen Wert mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam
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Quelle Beitragsbild: Iraqi Prime Minister Press Office/ap
Die Tagesschau serviert die v. Clausewitz-These 2.0: Massenmord und Totschlag sind die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut: Bundeskanzlerin Merkel forderte also während ihres Besuches in Moskau von der iranischen Führung „schonungslose Aufklärung“ (1) des Passagierflugzeug-Abschusses bei Teheran mit 176 Toten, obwohl Irans Ministerpräsident Rohani die Verantwortlichkeit seines Militärs bereits bekundet hatte. Merkel hielt anstelle einer Beileidsbekundung – viele der Opfer waren ja Iraner – zwar bloß eine billige Fensterrede, aber die Tagesschau rapportierte trotzdem. Nach Art des Hauses, also ebenso billig. Dass unsere regierende Angela gleichermaßen schonungslos von Washington eine Stellungnahme zum US-amerikanischen Massenmord per Drohne verlangt hätte, davon konnte natürlich nie und nimmer die Rede sein. Auch diesmal nicht. Es gilt zweierlei Maß in Politik und Tagesschau, unseren Spitzenjournalisten in der Hauptabteilung ARD-aktuell fällt das aber eh nicht mehr auf.
Sie berichten lieber, wie pressiert unsere Parlamentsmehrheit und Regierung dabei sind, „mehr Verantwortung in der Welt“ zu übernehmen. Dass das konkret nichts anderes ist als Auftragserfüllung im US-Interesse, fällt unter ihren Redaktionstisch. Dass die Berliner Polit-Lakaien bei ihren Aktivitäten Mittel einsetzen, die im bürgerlichen Recht mindestens den Straftatbestand der Nötigung, wenn nicht gar der Erpressung erfüllen, bleibt folglich ebenfalls außer Betracht. Geradezu klassisch ist der deutsche Umgang mit den Verantwortlichen in Bagdad – wir blicken aufs jüngste Beispiel oppressiver deutscher Außenpolitik.
https://youtu.be/69X0-U6oIKM
Unmittelbar nach der Ermordung des iranischen Generals Soleimani auf irakischem Boden hatte das Parlament in Bagdad einstimmig eine Resolution verabschiedet, alle ausländischen Truppen aus dem Land zu weisen (2). Das galt auch den dort stationierten 200 Bundeswehrsoldaten. Die irakischen Abgeordneten entsprachen damit einem Antrag des kommissarischen Ministerpräsidenten Abdul-Mahdi. Die Resolution hat zwar keine Gesetzeskraft, ist aber eine ebenso unmissverständliche Willensbekundung wie der Antrag von Abdul-Mahdi.
Ins Gebet genommen
Am 14. Januar „diskutierten“ der Nahost-Beauftragte Philipp Ackermann und der deutsche Botschafter in Bagdad, Ole Diehl, mit Abdul-Mahdi die Konsequenzen dieses eindeutigen Wunsches nach Abzug aller auswärtigen Truppen. (3, 4) Mit welchem Ergebnis, ließ der Iraker von sich aus nicht verlauten. Und die Tagesschau fragte ihn bzw. seinen Botschafter in Berlin auch nicht danach. Hingegen berichteten arabische Quellen am selben Tag, Abdul-Mahdi wünsche nun doch den Verbleib der Bundeswehr im Irak. (5) Ob unsere Unterhändler mit dem irakischen Regierungschef Monopoly spielten – „Gehe zurück nach Los!“ – oder mit welch anderen Mitteln sie ihn zum Kurswechsel brachten, bleibt unserer Fantasie überlassen.
Aus Abdul-Mahdis angeblichem Sinneswandel machte Außenminister Maas folgende Erklärung gegenüber dem deutschen Bundestag:
„Der Premierminister sagte uns, dass Bagdad ein großes Interesse an der Fortsetzung des internationalen Engagements gegen den islamischen Staat hat und sprach sich für den Verbleib der Bundeswehr aus…“ (6, 7)
Maas hatte zwar angemerkt, dass es „kein Vorbeikommen“ an der parlamentarischen Resolution gebe, wonach die ausländischen Streitkräfte aus dem Irak zu verschwinden hätten. Es sei aber wichtig, „die Errungenschaften“ im Kampf gegen den islamischen Staat (IS) zu konsolidieren.
Mit anderen Worten: Maas tut so, als hätten nicht die Russen, Syrer und Iraner den „Islamischen Staat“ weitestgehend zerschlagen, sondern die atlantischen Demokratien unter maßgeblicher Beteiligung unserer tapferen 200 Bundeskrieger im Irak. Als sei der Irak ohne die deutschen Ausbilder im Fach „tödliche Gewaltanwendung“ – konkret: „Menschen abmurksen“ – den Dschihadisten des IS rettungslos ausgeliefert.
Abdul-Mahdi dürfte jedenfalls verstanden haben: „Friss die Anwesenheit fremder Besatzungstruppen in deinem Land, einschließlich unserer Bundeswehr, oder stirb.“ US-Präsident Trump hatte schon am 6. Januar mit massiven Repressalien gedroht, falls der Irak auf der Ausweisung von US-Truppen bestehe: Milliarden Dollar als Kostenersatz seien dann zu zahlen, der Irak werde mit „Sanktionen wie nie“ belegt, vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen, ruiniert. Das berichtete sogar die Tagesschau. (8). Nur nannte sie die Drohung Trumps nicht beim Namen: Erpressung pur. (9) Sein Vorgehen ist gemäß UN-Charta kriminell – und Deutschlands völlig überforderter Außenminister, wiewohl examinierter Jurist, segelte in diesem Windschatten mit. De facto der Komplize eines Erpressers.
Der Wille der Iraker zählt nicht
Dass der deutsche Bundestag daraufhin am 15. Januar mit den Stimmen der Regierungskoalition von Union und SPD den Wunsch der irakischen Volksvertretung verwarf, die Bundeswehr aus ihrem Land abzuziehen, war zu erwarten gewesen. Wie deutsche Parlamentarier sich über den Willen ihrer irakischen Kollegen hinwegsetzten und wie ihr Verständnis von „mehr Verantwortung in der Welt übernehmen“ aussieht, lässt sich in der Mediathek des „Parlamentsfernsehens“ bewundern. (10) Auch der Sender Phoenix übertrug diese gespenstische Aussprache. Nur die Tagesschau brachte nichts. Zuschauer, die nichts erfahren, brauchen nichts zu überdenken. In Bagdad wird man sich seine eigenen Gedanken über den hilfreichen deutschen „Partner“ machen.
Zurück zu unserer eingangs geäußerten Kritik an den Doppelstandards. Sie sind nur eine der vielen Ausformungen politischer Perfidie, die deutsche Mandatsträger und Medienleute im Gefolge der unbestreitbar verbrecherischen Weltmacht USA demonstrieren. Der unbeabsichtigte, tragische Flugzeugabschuss in Teheran beispielsweise wurde als willkommene Gelegenheit genutzt, vom Mord an dem iranischen General Soleimani abzulenken und die Regierung des Iran wieder als gefährlichen Feind zu dämonisieren. (11)
Das Massaker in Bagdad – neben Soleimani wurden sieben weitere Menschen umgebracht, darunter sein Schwiegersohn und ein irakischer General – wurde fast durchgängig als „gezielte Tötung” ausgegeben. Die deutschen Leit- und Konzernmedien folgten erneut der imperialen Sprachregelung. Objektiv zu melden, dass ein Massenmord im Auftrag des US-Präsidenten Trump geschehen war, wagten sie nicht. Deutschlandfunk-Intendant Raue gestattet sich immerhin ein Fragezeichen:
„Gezielte Tötung, ist dies der angemessene Ausdruck? Es ist die Übersetzung des englischen Begriffs „ targeted killing“, die … beide Varianten (Tötung, Ermordung) zulässt, z.B. von der Bundesregierung aber als „gezielte Tötung“ verwendet wird. Die Antwort auf die Frage der korrekten Übersetzung fällt in der öffentlichen Debatte je nach politischer Einschätzung des jeweiligen Falls so oder so aus. … Durch unsere umfangreiche Berichterstattung zu diesem Thema versuchen wir jedoch, es unseren Hörerinnen und Hörern zu ermöglichen, zu einem eigenen Urteil zu kommen…“ (12)
Wir lesen hier den exemplarischen Versuch eines Intendanten, das kritische Publikum für dumm zu verkaufen: Es geht ja nicht um die Frage der sinngemäß korrekten Übersetzung, sondern um begründeten Zuhörerprotest gegen die verharmlosende und verfälschende Berichterstattung über einen Auftragsmord.
Infame Lügen
Die USA setzen ihre Drohnen im sogenannten “Krieg gegen den Terror” ein. In der Fachliteratur herrscht weitgehend Einigkeit, dass er eine Erfindung ist, eine zielgerichtete Sinnestäuschung, eine demagogische Infamie – und mit Sicherheit kein bewaffneter Konflikt gemäß Völkerrecht, wonach ein Krieg nur zwischen Staaten möglich ist. Auch wenn Soleimani, ein effizienter Bekämpfer der Kopfabschneider des IS, dennoch – oder gerade deshalb – von der Westlichen Wertegemeinschaft WWG negativ eingestuft war, durfte er nicht “einfach so” umgebracht werden. Weder herrscht Kriegszustand zwischen dem Iran und den USA, noch ging von Soleimani und seinen Begleitern eine unmittelbare Gefahr aus.
Im Gegenteil: Soleimani war, wie heute bekannt, als Diplomat mit einer Friedensmission unterwegs. Jeglicher Rechtfertigungsgrund für seine Ermordung fehlt. Sie war eine pure, rachsüchtige Machtdemonstration der USA. Daran ließ Trump selbst keinen Zweifel:
„Der General und die Al-Kuds-Brigaden sind verantwortlich für den Tod von Hunderten Amerikanern und Verbündeten. Er hat in den vergangenen Monaten Angriffe auf Stützpunkte von US-Verbündeten gesteuert“. (13)
Die Behauptung, Soleimani sei vor allem deshalb beseitigt worden, um „unmittelbar bevorstehende“ Anschläge zu verhindern, war ebenfalls eine der üblichen Lügen des US-Regimes. Eine reine Erfindung, genauso wie der ihm vorgeworfene, unbelegte Tod von „Hunderten Amerikanern und Verbündeten“ (14): US-Verteidigungsminister Mark Esper musste am 12. Januar, neun Tage nachdem er den Mordauftrag von Präsident Trump hatte vollstrecken lassen, öffentlich einräumen, dass es keine Beweise für die behauptete Bedrohung gebe.
Außenminister Mike Pompeo hatte zuvor bereits Löcher in Trumps Schutzbehauptung gerissen: „Ohne Zweifel“ habe Soleimani eine Reihe von Attacken geplant, aber „wir wissen nicht genau, wann, und wir wissen nicht genau, wo.“ Der Präsident soll Vertrauten gegenüber angegeben haben, er habe sich unter Druck gesetzt gefühlt durch republikanische Senatoren, deren Unterstützung er für das laufende Amtsenthebungsverfahren brauche. (15) Strich darunter: Ein Mord zwecks persönlicher Machtsicherung…
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kam in seinem Gutachten – etwas zurückhaltender formulierend als wir – zu folgendem Ergebnis:
„Die gezielte Tötung Soleimanis erfüllt offensichtlich nicht die Kriterien eines „finalen Rettungsschusses“ und erscheint insoweit als Verstoß gegen das Recht auf Leben aus Art. 6 UN-Zivilpakt. Im Hinblick auf den US-Drohneneinsatz vom 3. Januar lässt sich das Vorliegen einer Selbstverteidigungslage i.S.v. Art. 51 UN-Charta stark bezweifeln. Gemessen an den Kriterien des sog. „Caroline-Falls“, wonach ein Staat, der sich auf Selbstverteidigung beruft, nachweisen muss, dass der Angriff „unmittelbar bevorstand, überwältigend war und keine Wahl der Mittel und keine Zeit für weitere Beratungen ließ, hat die US-Administration die Voraussetzungen für eine völkerrechtskonforme Selbstverteidigung nicht substantiiert dargelegt.” (16)
Im Gegensatz zu früheren Streitfragen hat ARD-aktuell diesmal ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zwar erwähnt, den Text aber lediglich auf ihrer Website tagesschau.de publiziert, einer vergleichsweise unauffälligen Internet-Nische. Ihren 10 Millionen TV-Guckern blieb die Nachricht vorenthalten; weder die Sendungen der Tagesschau noch die Tagesthemen berichteten sinngemäß.
ARD-aktuell verschwieg darüber hinaus in ihren TV-Ausgaben*, dass die USA zeitgleich mit dem Attentat auf Soleimani mindestens einen weiteren Anschlag versucht hatten. Die „Washington Post“ und danach auch die Nachrichtenagentur AP sowie der Fernsehsender CNN berichteten von einem Angriff auf Abdul Resa Schahlai, einen Kommandeur der Al-Kuds-Brigaden. Dieser Attentatsversuch war aber fehlgeschlagen. (17) Er wird nicht der letzte bleiben.
Endlose Blutspur
Die „Kollateralschäden“ sind fürchterlich: Bereits in den ersten sieben Monaten seiner Amtszeit wurden bei den von Trump konsequent fortgeführten US-Drohneneinsätzen mindestens 2 800 Zivilisten umgebracht – allein in Irak und in Syrien! (18) Auf dieser Zahlenbasis hochgerechnet und Jemen, Somalia, Afghanistan und weitere Einsatzländer mitbedacht, sind bis heute mindestens 25 000 Tote zu beklagen, die Trumps Mordmaschinerie zum Opfer fielen. Genaue Angaben darüber wird die Welt wohl nie erfahren: Trump hat der CIA gestattet, ihre Zahlen geheim zuhalten. (19)
Ihre tödlichen Drohnenbombardements als organisierten Mord zu bezeichnen, ist juristisch begründbar und deshalb auch für Journalisten geboten. Als Mordmerkmale gelten: Gemeingefährlichkeit, Heimtücke, niedrige Beweggründe und besondere Grausamkeit der Tat. Bei den meisten Drohnenbombardements liegen sie alle vor, so auch beim Attentat auf Soleimani. Die Tagesschau aber hat uns daran gewöhnt, die Wiederholungs-Attentäter im Weißen Haus, im Pentagon und in der CIA-Zentrale Langley als die „Guten“ zu sehen, trotz ihrer erwiesenen Mordlust aufgrund wirtschaftlicher Motive. Obwohl die schier endlose Blutspur dieser „Guten“ – allein vier Millionen tote Muslime seit 2001 – doch gar nicht zu übersehen ist.
Weiterhin finden sich in der verschleiernden, verharmlosenden und irreleitenden Berichterstattung von ARD-aktuell keinerlei Hinweise auf mögliche Mitverantwortung / Mittäterschaft der Bundesregierung, speziell bei der Soleimani-Ermordung. Ein geradlinig denkender Zeitgenosse hat kürzlich wegen des US-Drohnenangriffs auf den iranischen General Anzeige erstattet. Das Auswärtigen Amt äußerte auf Anfrage des SWR dazu jedoch nur, die Bundesregierung stehe mit den USA
„in regelmäßigem und vertrauensvollem Austausch zur Rolle des US-Luftwaffenstützpunktes Ramstein im internationalen US-Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge“. (20)
Die USA seien verpflichtet, deutsches Recht und Völkerrecht einzuhalten. Dies hätten die Amerikaner zugesichert. Die US-Regierung habe versichert, dass
„unbemannte Luftfahrzeuge von Ramstein aus weder gestartet noch gesteuert werden“. (ebd.)
Lügen und faule Ausreden
Das ist allerdings nur eine völlig unbelegte, auf Irreführung und Beschwichtigung bedachte Stellungnahme des Maas-Ministeriums. Auch Merkels Regierungssprecher Seibert lügt mit Blick auf die Ermordung Soleimanis trotz der nicht widerlegbaren Fakten hartnäckig weiter:
„Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Luftstützpunkt Ramstein an dieser Aktion beteiligt gewesen ist”. (21)
Dass das nicht stimmt und die Regierung seit Jahren informiert ist, lässt sich beweisen.
Staatsminister Michael Roth, SPD, antwortete am 30. November 2016 im Bundestag zwar auf Nachfrage des Linkspartei-Abgeordneten Andrej Hunko, die USA hätten dem auswärtigen Amt gesprächsweise versichert, dass unbemannte Luftfahrzeuge von Ramstein aus weder gestartet noch gesteuert würden, räumte aber zum ersten Mal ein, dass
„die globalen Kommunikationswege der USA zur Unterstützung unbemannter Luftfahrzeuge Fernmeldepräsenzpunkte auch in Deutschland einschließen, von denen aus die Signale weitergeleitet würden. Einsätze unbemannter Luftfahrzeuge werden von verschiedenen Standorten aus geflogen, unter Nutzung diverser Fernmelderelaisschaltungen, von denen einige auch in Ramstein laufen.” (22)
Spätestens seit dieser Aussage ist klar: Die US-Relaisstation in Ramstein/Rheinland-Pfalz vervollständigt das technische Instrumentarium, mit dem die Verantwortlichen in Washington völkerrechtswidrig Drohnenmorde in Afrika und Asien ausführen lassen. Da für Ramstein deutsches Recht und Völkerrecht gelten, ist die Bundesregierung verpflichtet, einzuschreiten, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Amerikaner mit ihren Drohnen völkerrechtswidrig Mord oder Totschlag begehen. Definition für Totschlag: „Vorsätzliche Tötung eines Menschen“. (23)
Doch unsere Regierung kuscht
Als willige und feige Vasallen der USA wagen weder die Bundesregierung noch die Strafverfolgungsbehörden, Ermittlungen aufzunehmen. Ihre Feigheit und Rückgratlosigkeit bemänteln sie mit Bezugnahmen auf formale, nicht hinterfragte Behauptungen des Imperiums:
“Für uns ist ein Punkt ganz entscheidend: Es gilt weiterhin die Zusicherung der Vereinigten Staaten, dass Aktivitäten in US-Militärliegenschaften in Deutschland im Einklang mit dem geltenden Recht erfolgen.” (Anm. 22)
Mit anderen Worten: Der Angeklagte, die Regierung der USA, darf selber entscheiden, ob er eine Straftat begangen hat oder nicht. Auf die Frage eines Bundestagsabgeordneten:
„Welche völkerrechtliche Prüfung plant die Bundesregierung zu diesem Thema? Oder wollen Sie sich ausschließlich auf das verlassen, was die US-Regierung Ihnen mitteilt?“ (Anm. 22)
antwortete Staatsminister Roth:
“Wir verlassen uns ja nicht alleine auf die Aussagen, sondern wir bleiben mit den Vereinigten Staaten im regelmäßigen Gespräch. Wir bleiben da am Ball, um die notwendigen Informationen zu erhalten.” (Anm. 22)
Sind wir jetzt erschüttert von so viel charakterloser Unterwürfigkeit gegenüber der „Führungsmacht“? Der Staatsminister Roth hatte noch mehr Sülze auf Lager:
„Im Juli und August dieses Jahres wurden … US-Richtlinien zu Einsätzen unbemannter Luftfahrzeuge veröffentlicht. Ich sage das noch einmal, weil selbstverständlich auch für uns das Völkerrecht strikt gilt. Die Vereinigten Staaten haben uns gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass diese Maßstäbe selbstverständlich auch für sie gelten.” (Anm. 22)
Sogar Marcel Dickow, Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ in Berlin – die SWP wird von der Bundesregierung bezahlt! – bezeichnete die genannte US-Veröffentlichung als bloß „bürokratische Ersatzmaßnahme“:
„Es ist der Versuch einer bürokratischen Lösung eines eigentlich ethischen und rechtlichen Problems.“ (24)
Das Handbuch, so Dickow, sage aber gar nichts darüber aus, ob die Drohnenangriffe der USA wirklich legitim und legal seien. Über diese Problematik versuche man mit der Veröffentlichung der US-Richtlinien hinwegzutäuschen.
Heute, vier Jahre nach dieser öffentlichen Debatte, lässt eine unverändert feige deutsche Regierung die US-Morde per Drohne noch immer zu. Es ist nicht einmal geklärt, ob sie sich nach dem Attentat auf Soleimani überhaupt an die US-Administration gewandt hat. (25) Jedenfalls hat sie den USA nicht bis zur „schonungslosen Aufklärung“ des Falles untersagt, die auf deutschem Boden montierten US-Mordinstrumente weiter zu benützen. Der rechtlich äußerst fragwürdige „Aufenthaltsvertrag“ (26), mit dem die in Deutschland tätigen Angehörigen des US-Militärs der deutschen Rechtsprechung entzogen und vor deutschen Strafverfolgern geschützt werden, wurde nicht ausgesetzt, geschweige denn gekündigt, obwohl das zur Herstellung der deutschen Souveränität zwingend geboten wäre. (ebd.)
Die Kanzlerin lässt ihr Außenminister-Surrogat Maas große Sprüche kloppen und ihre Amtströte Seibert Unwahrheiten auftischen. In fremden Gefilden und in Angelegenheiten anderer Länder aber fordert sie „schonungslose Aufklärung”. Toll.
Eine schallende Ohrfeige
Immerhin hat das Oberverwaltungsgericht Münster in einem aufsehenerregenden Urteil festgehalten, was Maxime der Regierung zu sein hat. Die ARD sorgte allerdings dafür, dass das Aufsehen im ganz kleinen Kreis blieb: Sie versteckte die Informationen über das Urteil als Regionalnachricht des WDR. (27)
Drei Jemeniten hatten die Bundesregierung wegen der Ermordung von Angehörigen durch US-Drohnen verklagt. Das OVG Münster gab den Klägern teilweise Recht. (28) Es verpflichtete die Bundesregierung, künftig dafür Sorge zu tragen, dass Kampfdrohnen, die über die US-Airbase im rheinland-pfälzischen Ramstein gesteuert werden, keine völkerrechtswidrigen Einsätze im Jemen fliegen.
Achtung, jetzt kommt, was von der Redlichkeit und Völkerrechtstreue der Bundesregierung zu halten ist: Sie hat Revision gegen das Urteil eingelegt. (29)
Über Ramstein werden auch die US-Drohneneinsatzbefehle im Irak weitergeleitet. Die Ausführungen des Gerichtes zur Urteilsbegründung (Anm. 28) sind eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung, speziell für Kanzlerin Merkel und Außenminister Maas, beide Exponenten der Liebedienerei gegenüber Washington. Die Begründung ist lesenswert, da sie alle technischen und völkerrechtsrelevanten Zusammenhänge deutlich machen.
Die Einlassung, man stehe in „regelmäßigem und vertrauensvollem Austausch” mit den USA, um die jemenitischen Kläger vor Schädigungen durch völkerrechtswidrige Drohnenangriffe zu schützen, ist nach Auffassung des Gerichts völlig unzulänglich. Tatsächlich bestünden erhebliche Zweifel, dass die USA beim Drohneneinsatz im Jemen das Unterscheidungsgebot des humanitären Völkerrechts beachten. Zu bezweifeln sei außerdem, dass die USA nach ihren Drohneneinsätzen ihrer aus dem Menschenrecht auf Leben folgenden Verpflichtung nachkommen und jeweils eine tatsächlich hinreichende, wirksame amtliche Untersuchung von Todesfällen vornehmen.
Fazit der Richter am Oberverwaltungsgericht Münster: Die Bundesregierung dürfe sich nicht mit der allgemeinen Zusicherung der USA begnügen, dass Aktivitäten in deren Militärliegenschaften auf deutschem Boden mit dem bei uns geltenden Recht im Einklang stünden. (Anm. 28.)
Totschlagskomplizen
Das tut die Bundesregierung bisher aber unbestreitbar. In althergebrachter und stiller Kumpanei mit den Mördern und Kriegstreibern des US-Regimes, vermeintlicher Alternativlosigkeit ergeben. Ihr fügsamer Herold, die Tagesschau, sorgt mit Hofberichterstattung dafür, dass das ahnungslose Publikum davon nichts schnallt. Dabei könnten unsere Qualitätsjournalisten mit zumutbarem Aufwand selbst ermitteln, was es mit der US-Drohnen-Lenkstation Ramstein juristisch auf sich hat:
„Die völkerrechtswidrige gezielte Tötung von Terrorverdächtigen und Unbeteiligten durch amerikanische Kampfdrohnen außerhalb eines bewaffneten Konfliktgebiets muss von der Bundesregierung bei Kenntnisnahme mindestens durch Protestnote abgelehnt werden, ansonsten würde sich die Bundesregierung gegebenenfalls an einem völkerrechtlichen Delikt beteiligen. Aufgrund der Gebietshoheit könnte Deutschland völkerstrafrechtlich gemäß dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH-Statut) verpflichtet sein, etwaige völkerrechtswidrige Einsätze ausländischer Truppen aktiv zu verhindern“ (30)
Sogar ein juristischer Laie versteht, was es hier aufzuklären gälte. Ein halbwegs an seriöser Arbeit interessierter Nachrichtenredakteur würde auch einmal im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs nachschauen und dort in Artikel 25 lesen, es
„macht sich strafbar, wer zur Erleichterung eines solchen Verbrechens (= gezielte Tötung, d.V.) Beihilfe oder sonstige Unterstützung bei seiner Begehung oder versuchten Begehung leistet, einschließlich der Bereitstellung der Mittel für die Begehung“ (31)
Das müsste dem um Seriosität bemühten Journalisten erhellen, dass die Bundesregierung den USA in Ramstein nicht nur einfach das Gelände für deren Drohnen-Lenkstation bereitstellt, sondern damit auch ein “Mittel für die Begehung eines solchen Verbrechens“. Von journalistischen Rohrkrepierern, die mit Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und des politischen Anstands nichts anzufangen wissen, ist solche nur unerheblich investigative und aufklärerische Denk- und Schreibleistung allerdings nicht zu erwarten.
Die fünfte Kolonne der Krawallbrüder
Ein Indiz für Mangel an Haltung und beruflichem Ethos: Während die Redakteure der Tagesschau jeden Pups der Fünften Kolonne des Krawallbruders Navalny in Moskau zum Gewittersturm aufbauschen, war weit und breit nichts vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sehen, als vor der US-Garnison Ramstein im Herbst 2016 mehr als 8000 Menschen für den Frieden und ein Ende des Mordens per US-Drohnen demonstrierten. Dröhnendes Schweigen darüber auch in den Sendungen der Tagesschau. Der damalige NDR-Rundfunkratsvorsitzende Hörmann merkte zu einer von uns eingereichten Beschwerde an:
„Im Rahmen der Überwachung der Programmanforderungen und der Beratung des Intendanten in Programmangelegenheiten haben wir Ihre Kritik zur Kenntnis genommen und sie an die Intendanz mit der Bitte um Weiterleitung an die zuständige Redaktion im NDR abgegeben. Der Rundfunkrat ist darüberhinaus nicht befugt, in die Programmgestaltung des NDR einzugreifen oder auf die auf Basis anerkannter journalistischer Grundsätze getroffene Themenwahl Einfluss zu nehmen.” (32)
Das war eine faule, bürokratisch gedrechselte Ausrede für erwiesenes Versagen, denn der Rundfunkrat ist die einzige Institution, die das Programm auf rechtliche Verstöße hin kontrollieren und gegebenenfalls Wiederholungen verbieten darf. Hörmanns Antwort belegt jedoch, dass die Kumpanei von Politik und Medien bis in die Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hineinwirkt, mit der Nebenwirkung, dass das genasführte Publikum die Gremien auch noch finanzieren und ihren Spesenaufwand bezahlen muss.
Unsere stolzen Volksvertreter
In der Bundestagsdebatte vom 15. Januar über den Auslandseinsatz deutscher Soldaten im Irak warf die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Heike Hänsel, dem Außenminister Maas vor, seine „blinde Gefolgschaft“ gegenüber den USA beschädige das Völkerrecht insgesamt:
„Während US-Demokraten davon sprechen, Trump habe eine Brandfackel in ein Pulverfass geworfen, ducken Sie sich einfach weg. Im Gegensatz dazu haben Sie den Gegenschlag des Iran sofort verurteilt. Sie diskreditieren sich mit dieser Haltung selbst als diplomatischer Vermittler in der Region.“ (33, 34)
Ihr Verriss kam in der Tagesschau nicht vor, ebenso wie die ungewöhnlich kritischen Anmerkungen des CDU-Abgeordneten Johann Wadephul, eines ansonsten bekannt militaristischen Scharfmachers; er hatte Solemanis Ermordung als „anarchische Tat” verurteilt:
“Wir sollten nicht zurückkehren in Verhaltensweise und Wortwahl des Mittelalters. Der Westen hat eine andere Wertegrundlage. Ich finde das gehört in der Situation dazu, dass wir dieses unseren amerikanischen Partnern deutlich sagen.“ (Anm. 33)
Auch die Grünen rangen sich diesmal dazu durch, weder Frau Merkel noch den USA als Bettvorleger zu dienen, sondern forderten,
Donald Trump mit den gezielten Tötungen, mit denen Völkerrecht gebrochen wird, die die Kriegsgefahr massiv erhöht, zu kritisieren.” (Anm. 33)
Ach, ach, den Donald Trump „kritisieren“! Ja, und? Mehr hatten die Grünen aber nicht auf der Pfanne. Von ihrer Friedenspolitik aus den Gründerjahren ist wahrlich nichts mehr geblieben.
Die AfD blieb auf ihrem diffusen Kurs: Sie forderte zwar den Abzug der Bundeswehr aus dem Irak, wich aber der Frage aus, ob die Ermordung des iranischen Generals völkerrechtswidrig war.
Über die gesamte Bundestagssitzung am 15. Januar 2020 findet sich kein Wort in den Sendungen der Tagesschau oder in den Tagesthemen. Auch dies eine Glanzleistung des Tendenzjournalismus’.
„Rundfunk ist Medium und Faktor des Prozesses umfassender freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Demgemäß ist Rundfunkfreiheit primär eine der freien Meinungsbildung dienende Freiheit. Sie ist konstituierend für die Demokratie. (35)
Daher die staatsvertragliche Verpflichtung zur umfassenden und vollständigen Berichterstattung über wichtige Ereignisse des Tages. Dürfen wir also erwarten, dass die ARD-aktuell eines schönen Tages doch einfach nur berichtet, was Sache ist? Nämlich, dass der Westen von Barbaren regiert wird. Dass es bei Massenmord und Totschlag um die ultimative Freiheit des Kapitals geht, um das rücksichtslose Ausbeuten aller Rohstofflager. Beileibe nicht um Demokratie und Menschenrechte, nein, sondern um die ultima ratio vollkommen unkontrollierter Machtexzesse. Und zwar im Dienste der 500 reichsten Familien, die unsere Erde mit ihrer Anwesenheit ruinieren. Dürfen wir – und gerade deshalb – sachgerechte, angemessene und saubere Nachrichten verlangen?
Eine rhetorische Frage, mehr nicht. Die Tagesschau-Redaktion wird sich ihr trotzdem nicht stellen. Sie ist ja schon mit simpleren Aufgaben überfordert.
*Korrektur: Die Autoren baten um Korrektur der Passage, in der es ursprünglich hieß: „ARD-aktuell verschwieg darüber hinaus, dass die USA…“, Die Tagesschau hatte am 11. Januar in ihrem Onlineangebot tatsächlich über den parallel erfolgten und erfolglosen Attentatsversuch berichtet.
Quellen und Anmerkungen:
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog
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Link:
https://www.imi-online.de/2020/01/10/grossmanoever-defender-2020/
Großmanöver Defender 2020
Mit Tempo in den Neuen Kalten Krieg
Schon allein deshalb ist es wichtig, dass es der Friedensbewegung gelingt ein Zeichen zu setzen, dass beileibe nicht alle Menschen in diesem Land dieses Säbelrasseln gutheißen. Um dem dienliche Aktionen vorzubereiten, fand am 18. Januar 2020 in Hamburg eine Aktionsberatung statt, am 26. Januar 2020 soll eine weitere in Leipzig folgen. Schon Ende November hatten sich in Leipzig etwa 100 Menschen für eine erste Aktionskonferenz zusammengefunden, in deren Abschlusserklärung es hieß: „Das Manöver ist ein Umweltdesaster, eine wahnwitzige Verschwendung von Ressourcen und eine Zerstörung vielfältiger Natur. Es ist ein aktiver Beitrag des Militärs zur drohenden Klimakatastrophe. Die Gründe für seine Ablehnung sind vielfältig: politisch, militärisch, geostrategisch, ethisch, moralisch, historisch, klima-und umweltbedingt, verkehrs- und infrastrukturtechnisch sowie aktuell. Diese umfassende Ablehnung sollte zu einer Koalition der Vielfalt, der unterschiedlichsten Akteure und der vielfältigen Aktionen sowie der internationalen Zusammenarbeit entwickelt werden.
Link:
https://www.kuendigtramsteinairbase.eu/
Save the Date: 30.5.2020 Erste Demonstration in Berlin gegen die Air Base Ramstein
Für den 30.5.2020 ist in Berlin eine Demonstration gegen die Air Base Ramstein im Berliner Regierungsviertel geplant. Unter dem Motto „Kündigt Ramstein Air Base“ wollen Aktivisten aus der deutschen Friedensbewegung gemeinsam mit Künstlern und friedensbewegten Menschen aus der ganzen Bundesrepublik ein deutliches Zeichen gegen diesen strategischen Stützpunkt der USA setzen. Die Air Base Ramstein ist aufgrund ihrer Bedeutung die größte Gefahr für Russland und den Nahen Osten und stellt damit im Falle einer Krise ein primäres Ziel eines möglichen russischen Angriffs dar.
Während der geplanten Demonstration im Regierungsviertel bzw. bei der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor werden die NATO Kriege und Deutschlands Mittäterschaft ebenso angesprochen wie die derzeitigen deutschen Rüstungsausgaben und Waffenverkäufe in Rekordhöhe. In einem konkreten ersten Schritt will man sich auf die Kündigung der Ramstein Air Base konzentrieren, da diese in einem überschaubaren Zeitraum von zwei Jahren auch rechtlich problemlos umsetzbar ist.
Ein klares Signal für die Politiker in Berlin
Seit Jahren finden im Sommer an der US-amerikanischen Airbase Ramstein wie auch in Kaiserslautern Demonstrationen und Vortragsveranstaltungen sowie ein Zeltlager mit Reden, Diskussionen und Musik statt. Dieses wird von regionalen Medien nur am Rande erwähnt und von überregionalen Medien als lokales Event kaum beachtet. Dass man Ähnliches eigentlich in Berlin abhalten müsse, dem Sitz der Bundesregierung, wurde daher schon länger diskutiert. Ein Interview von Kilez More mit Ken Jebsen gab den Anstoß, die Demonstration zu organisieren.
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In Washington wird hart daran gearbeitet, den Irak nicht zu “verlieren”.
Veröffentlicht am 5. Januar 2020 von Ped
Was den USA da zu verlieren droht, das ist ihre Beute – ein Land, tausende Kilometer von den eigenen Grenzen entfernt. Ein Land, das man seit Jahrzehnten verheert hat und an dem sich US-Konzerne bis heute eine goldene Nase verdienen. Beides bedingt einander. Doch, wie so oft in der Politik, ist damit die Gemengelage nicht vollständig beschrieben.
Die USA haben in der Nähe des internationalen Flughafens von Bagdad zwei hochrangige Militärs ermordet – einen aus dem Iran und einen weiteren des Irak. Diese Gangstermanieren werden von unseren Massenmedien mit großem Verständnis begleitet – dazu gleich mehr. Zuvor wagen wir einen kurzen geostrategischen Blick:
Was derzeit im Irak geschieht, hat viel mit Syrien zu tun. Erkennt man das, wird auch recht schnell klar, wer im Irak derzeit eskaliert. Der Krieg der USA in Syrien ist verloren. Das ist ein herber Verlust für die USA, um in der Region “kreativ gestalten” zu können. In Syrien sind keine libyschen Verhältnisse durchgesetzt worden. Man darf aber auch nicht vergessen:
Auch irakische Verhältnisse ließen sich in Syrien nicht durchsetzen.
Mehr noch ist der offensichtlich erfolgreiche Widerstand Syriens gegen die verdeckte Intervention der westlichen Staaten und ihrer arabisch-diktatorischen Ziehkinder auch für die irakische Einheit und Souveränität von enormer Bedeutung. Dies vor Augen wird der US-amerikanische Präsident Donald Trump zunehmend von den Hardlinern in Washington vor sich her- und damit in hoch riskante Entscheidungen getrieben.
Der Kampf gegen den Islamischen Staat, der im Irak und in Syrien tobte, wurde nicht von irgendeiner selbsternannten westlich-demokratischen Allianz gegen den Terror geführt. Daher findet man die größten Opfer dieses Kampfes auch wo?
Anführer der PMU – deren Mitglieder im Wesentlichen schiitische Iraker sind (!) – war der nun umgebrachte iranische General Qassem Soleimani.
Wenn es darum geht, Ereignisse in Zeit und Komplexität “geeignet” zu verkürzen, dann sind unsere Massenmedien immer wieder in vorderster Reihe zu finden.
Schauen Sie sich zum Thema Irak gründlich im Mainstream um und achten Sie einmal darauf, was da NIEMALS thematisiert wird. Niemals wird darauf hingewiesen – und das ist evident, wenn ein Beobachter ordnen und richtige Schlüsse ziehen möchte -, dass die USA völlig illegal im Irak sind. Der Irak wurde, an jedem Völkerrecht vorbei, überfallen, besetzt, dort nach Gutdünken Milizen bewaffnet, Strukturen zerstört und beliebig neu erschaffen. Man bestrafte, tötete und inhaftierte ganz nach Lust und Laune arroganter Potentaten – so wie das einer Kolonialmacht in ihrem Selbstverständnis zusteht.
Ganz und gar nicht nebenbei wurde an der Spaltung des Landes gearbeitet und sich schamlos seiner Ressourcen bedient. Auf Kosten der Iraker bediente der Krieg den Krieg und nährte die Kriegswirtschaft der USA. Fassen wir zusammen:
Die USA haben im Irak reinweg gar nichts zu suchen und militärischer Widerstand gegen die Besatzer ist nach dem Völkerrecht sogar absolut legitim!
Was die USA derzeit im Irak betreiben, ist nichts anderes als Aufstandsbekämpfung. Der Aufstand ist aber in erster Linie nicht einer der Iraker gegen “ihre” von den USA installierte Regierung. Er richtet sich ganz eindeutig gegen die wertewestlichen Eroberer selbst und trifft damit natürlich auch deren korrupte Vasallen in Bagdad (1).
Das ist ja auch kein Wunder. Man muss sich nur einmal anschauen, was die Heilsbringer im Land zwischen Euphrat und Tigris in den vergangenen 17 Jahren zuwege gebracht haben. Sie – die Iraker – wissen längst, dass sie den fremden Mächten völlig schnuppe sind. Wie immer geht es um Interessen, aber doch nicht um die der irakischen Bevölkerung. Also:
Die die Meinungshoheit vertretenden Medien verschweigen, dass die USA mit ihren Truppen ohne jede Deckung durch das Völkerrecht im Irak einfielen und diese deshalb nichts weiter als Interventionisten, ja Aggressoren sind. Allein dadurch ist es den Menschen kaum möglich zu erfassen, dass jeder Widerstand gegen solch eine gewaltsam eingefallene fremde Macht absolut legitim ist. Doch ist das nicht alles.
Nachdem man dem Medienkonsumenten die beiden obigen, so eminent wichtigen Tatsachen vorenthalten hat, kann man ihm – darin ist man ja bestens geübt – aufs neue den ganzen moralischen Brei unseres einzigartigen Wertewestens auslöffeln lassen. Fühlt sich gut an, weil man ja selbst gern bei den Guten sein möchte und so futtert man das giftige Zeug in seinen Schädel, zum Beispiel so etwas:
“Aber wir werden nicht dastehen und zusehen, wie das Leben von US-Bürgern in Gefahr ist.” (Mike Pompeo, US-Außenminister) (2)
Natürlich ist das Gegenteil der Fall und Pompeo weiß das auch. Eben WEIL die USA nicht “dastehen und zusehen”, ist das Leben von US-Bürgern – auch im Irak – in Gefahr. Man schafft den Vorwand und stellt ihn dann als Begründung dar. Das ist gewollt! Die Eskalation, die Destabilisierung ist beabsichtigt, weil nur so die Kontrolle für die “Gestalter” wiederherstellbar ist.
Zum Standard-Repertoire der Propaganda gehört seit jeher, dass man ja die eigenen Bürger in dem fremden Land schützen müsste, dass man dazu moralisch in der Pflicht sei. Auf diese Art und Weise legalisiert man die eigene “Reaktion” und kriminalisiert das Aufbegehren der Einheimischen.
Graben Sie einmal in der Geschichte, liebe Leser. Die Kolonialkriege in Afrika wurden so legitimiert, die gegen das chinesische Kaiserreich und diverse Interventionen in der jüngeren Vergangenheit, zum Beispiel im Kongo und auf Grenada. Ach so und dann gab es da auch noch den “Polen-Feldzug”.
Man nannte dann die “angemessene” Reaktion darauf “Strafexpedition”. Nichts anderes tun die US-Amerikaner derzeit im Irak. Sie versuchen das Land zu disziplinieren und verbreiten nach außen ein Bild, in dem Begriffe wie “Schutz” und “Verteidigung” dominieren. Das ist sie, die Orwellsche Welt, denn die USA sind in dieser plötzlich der Angegriffene, nicht der Angreifer. Wie immer, wenn man Gewalt anzuwenden droht, werden zuvor die Medien eingespannt, um “vorbereitendes Verständnis” beim Konsumenten zu wecken (b1):
Das konnten wir in den zwei Tagen vor der Mordtat in Bagdad “bestaunen”. Was sie bei Betrachtung des Bildschirmfotos oben leicht erfassen können: Sofort wird mit dem intensiv gepflegten Feindbild Iran gekoppelt – wie nicht anders gewohnt, mit Deutungen und Annahmen. Dabei spielen sich Politik und Medien die Bälle zu.
“Das amerikanische Vorgehen ist eine Reaktion auf eine ganze Reihe von militärischen Provokationen, für die der Iran Verantwortung trägt.” (3)
So wird Unrecht in sein Gegenteil gekehrt. Der Ermordete ist selbst schuld, Strafe muss sein. Mord darf – im Sinne der “guten Sache” – auch mal erlaubt sein. Das ist die Logik in der Aussage der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer – eine Verhöhnung der Opfer durch deutsche Politiker.
Über Jahrzehnte hat man sein Publikum im Westen dermaßen stark mit dem Feindbild von “unberechenbaren Mullahs in Teheran” bearbeitet, dass die Menschen überhaupt nicht mehr auf die Idee kommen zu fragen, wie es eigentlich begründet wird. Wir reden von aufzuzeigenden, rationalen Argumenten, die eine iranische Gefahr belegen, nicht von den emotional aufgeblasenen Horrorgeschichten über das Land und seine Gesellschaft. Doch wird damit eine – wiederum emotionale – Daseinsberechtigung westlicher Truppen in jedem Land, auf jedem Territorium dieser Erde herbeigeredet.
Mit so einer Diktion kann man natürlich auch übertünchen, was die USA da im Irak getan haben (Hervorhebung durch Autor):
03.01.2020 03:00 Uhr
Raketenangriff in Bagdad
USA töten hochrangigen iranischen General
Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran hat sich dramatisch zugespitzt: Der einflussreiche Kommandant der Al-Kuds-Brigade, Soleimanii, ist bei einem US-Luftangriff im Irak getötet worden. Präsident Trump soll die Attacke angeordnet haben. (4)
“Töten” ist nun nicht sachlich falsch, aber die Zurückhaltung ist unangebracht.
Denn es handelt sich um Mord. General Qassem Soleimanii wie auch seine Milizen sind Teil der militärischen Strukturen der irakischen Armee. Sie sind völlig legal in diesem Land, ja sie sind ausdrücklich eingeladen. Durch US-Streitkräfte wurde ganz gezielt der Anführer einer regulären Militärorganisation, die in die irakische Armee eingebunden ist, umgebracht. Die USA haben also nicht nur den Iran sondern auch den Irak angegriffen!
Kleiner Einschub: Erinnert sich noch jemand an den Aufschrei, als ein islamistischer Terrorist im August 2019 in der deutschen – nicht der irakischen – Hauptstadt ERMORDET, nicht etwa nur “getötet” wurde? Die Welt der Doppelmoral begegnet uns auf Schritt und Tritt.
Gehen wir weiter im Skript, dass auch die öffentlich-rechtlichen Sender ohne Abstriche befolgen. Noch am gleichen Tag spurte die ARD-Tagesschau mit einem Bericht aus der Sparte “Hintergrund” (man beachte) ihre Leser und Zuschauer ein:
03.01.2020 09:15 Uhr
Al-Kuds-Brigaden
Irans bewaffneter Arm im Ausland
Der von den USA getötete iranische General war Chef einer der gefährlichsten Spezialeinheiten der Welt: Die iranischen Kuds-Brigaden sind Irans Militäreinheit im Ausland und agieren im Geheimen. (5)
Gern möchte ich von der ARD-Tagesschau wissen, woher sie die Kenntnis hat, dass es sich bei den Kuds-Brigaden um eine der “gefährlichsten Spezialeinheiten” handelt und auf welchen Kategorien sie das aufbaut. Das ist als Nachricht ohne jeden Wert, aber emotional hat es uns getriggert. Wir wissen jetzt: Die sind gefährlich … Angst …
Im weiteren erklärt uns der “Hintergrund”-Bericht, dass die al-Kuds-Brigaden “Drahtzieher in vielen Konflikten” gewesen seien – das Wording spricht Bände, danke für die Feindbildpflege – und führt dann unter anderem aus:
“Ihre offizielle Aufgabe [der al-Kuds] ist es, die dem Iran nahestehenden politische Gruppen im Ausland zu unterstützen – hauptsächlich gegen islamistischen Terrorismus etwa des “Islamischen Staats” (IS) in Syrien und im Irak.” (6)
Um dieses Neusprech etwas aufzulösen: “Politische Gruppen” meint zum Beispiel auch Staaten. Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Iran einen Nachbarstaat – unter Wahrung der Regeln internationalen Rechts und unter Achtung der irakischen Souveränität – in einer existenziellen Notsituation unterstützt hat. Das natürlich auch im Eigeninteresse, denn ein zersplittertes, im Krieg versinkendes Nachbarland ist nachvollziehbar auch eine permanente Bedrohung der eigenen Gesellschaft.
Der Iran hält internationales Recht also ein. Mit seiner Hilfe konnte eine Stabilisierung des Irak erreicht werden. Die USA halten internationales Recht nachweisbar und wiederholt dagegen nicht ein und sie stabilisieren im Nahen und Mittleren Osten auch rein gar nichts. Aber gerade ihre Vertreter stellen sich ständig hin, als wären sie die Opfer. Das ist Opfer-Täter-Umkehr erster Güte.
Was man hier praktiziert, ist um so perfider, als sich der Iran im Irak als ein echter Verbündeter erweist. Ohne die iranische Unterstützung im Kampf gegen die Milizen des Islamischen Staates gäbe es den Irak als Staat heute wahrscheinlich – zumindest in dieser Größe – nicht mehr. Die iranisch unterstützten und ausgerüsteten Volksmobilisierungseinheiten sind – wie schon gesagt und das ganz im Gegensatz zu den US-Truppen – völlig legal im Irak aktiv. Noch einmal: Sie sind offiziell in die Strukturen der irakischen Armee eingebunden.
Anlass für die Gründung der PMUs war auch nicht eine expansive Strategie des Iran, sondern die Tatsache, dass unter den Augen der US-amerikanischen Besatzer islamistische Terroristen weitgehend ungehindert dabei waren, den Irak als Staatsgebilde zu zerschlagen. Die “Berater” aus den NATO-Staaten waren komischerweise nicht in der Lage, eine entsprechende Gegenwehr zu den terroristischen Milizen zu etablieren. In dieser Not wandten sich die Iraker an den Iran, der in kurzer Zeit eine kampfkräftige Miliz aus dem Boden stampfte, deren Erfolge auch der Motivation ihrer irakischen (!) Kämpfer entsprang, die gewillt waren, ihr Land vor dem Zerfall und einem radikalen, steinzeitlichen, sunnitisch-wahhabitischen Kalifatsgebilde zu erretten (7).
Mehr noch, ist ersichtlich, dass das “Inherent Resolve” genannte und unter Führung der USA operierende Militärbündnis zur angeblichen Bekämpfung des Islamischen Staates erst dann militärisch tatsächlich auffällig wurde, als sich abzeichnete, dass der Irak – im Bunde mit dem Iran – auch ohne fremde Hilfe in der Lage sein würde, die islamistische Gefahr abzuwenden (8).
Mit dem Mord an, unter anderen, General Soleimani wurde außerdem eine Integrationsfigur für die Gesellschaft des Iran beseitigt. Daher ist bereits das eine unerhörte Provokation. Aber US-Militärs nehmen derzeit auch ungeniert weitere Mitglieder des irakischen Militärapparates fest (9). Die scheinbar erhoffte und perfekt in die Feindbildpflege passende Reaktion ist die, dass es den radikalen Kräften in der IRGC – der geistigen, politischen Führung des Iran – in absolut nachvollziehbarer Weise Auftrieb geben wird. Daher trifft es an dieser Stelle ins Schwarze, wenn die ARD-Tagesschau schreibt:
“Soleimanii war nicht nur bei der iranischen Führung geschätzt und geachtet, sondern auch bei den Reformern und sogar bei Oppositionskräften im Land, die nicht immer mit den Entscheidungen der IRGC einverstanden waren.” (10)
Die USA sind mit gezielten militärischen Schlägen gegen die Armee des von ihnen besetzten Landes vorgegangen, was einer Kriegserklärung gleichkommt (11). Zwar haben die USA und ihre Verbündeten diese irakische Armee in den vergangenen Jahren aufgebaut. Doch in ihrer Funktion als militärische Hilfstruppe für die Besatzungsmacht, sind sie in der jüngeren Vergangenheit zunehmend aus dem Ruder gelaufen. Wofür sie seit Jahren “abgestraft” werden (12,13).
Es ist tatsächlich so, dass die USA den Irak zwingen möchten, von gutnachbarlichen Beziehungen zu seinem östlichen Nachbarn abzusehen! Wie das mit dem Völkerrecht vereinbar ist: Nun, gar nicht. Aber das Völkerrecht wurde ja auch nicht für den Hegemon geschaffen, sondern – bei Bedarf – für dessen Zöglinge, und das sind wir in seinen Augen alle.
Zudem hat die US-Rüstungsindustrie seit vielen Jahren ein Vermögen auch damit verdient, dass sie die irakische Armee mit militärischen Gütern ausrüstete (14). Das zerstörte Land hat also seine – eh schon beschnittenen Öleinnahmen dafür verwendet, in Massen Kriegsgüter zu kaufen und zwar für sechs bis zehn Milliarden US-Dollar pro Jahr (15). Das bei einem Staatshaushalt, der sich in einem Bereich zwischen 60 und 70 Milliarden US-Dollar bewegt (16,17).
Den großen Reibach mit dem irakischen Öl machen westliche Konzerne wie Exxon Mobil, Shell, Petronas und ENI (18). Den größten Anteil am irakischen Kuchen aber holten sich – kaum dass der Irak “befreit” worden war – die großen US-Technologiekonzerne wie Carlyle Group, Bechtel oder Halliburton; letzterer mit seiner Tochter KBR (Kellog, Brown, Root) (19,20).
Dieses System, bei dem die Privatwirtschaft der Interventionisten vom Krieg profitiert, fällt ebenfalls völlig unter den Tisch der Massenmedien, wenn es um die Präsenz der US-Truppen im Irak geht. Dass dabei große Mengen an Kriegstechnik, einschließlich Tausender gepanzerter Fahrzeuge einen wundersamen Weg von den irakischen Truppen hin zu islamistischen Milizen nahmen, kommt diesem Geschäftsmodell nur entgegen (21,22).
Was war nun eigentlich mit den kurz vorherigen Ereignissen um die US-Botschaft in Bagdad? Groß wurden sie in den Medien aufgebauscht (siehe Bildschirmausschnitt weiter oben). Waren das nur “irantreue Amerikafeinde” – die im Mainstream favorisierte Variante? Oder ging es vielleicht um die Schaffung eines Ereignisses für die Galerie, für die Öffentlichkeit? Das Ereignis, so wie es berichtet wurde, vermittelt uns eine Botschaft von Bedrohung, auf die reagiert werden muss. Die entsprechend weltweit ausgestrahlten Bilder unterstützen die emotionale (!) Legitimität einer “entschlossenen Reaktion”. Ja und deshalb (Hervorhebung durch Autor):
“würden die USA reagieren, um [US-]amerikanische Kräfte und Menschenleben zu schützen – womöglich auch “vorbeugend“, falls man von konkreten Angriffsplänen erfahren sollte.” (23)
“Vorbeugend” hat man kurz darauf einen iranischen Militär im Irak umgebracht.
Allerdings ist diese US-Botschaft dort im Irak auch ein Symbol. Es ist ein Monstrum; von der Fläche her die Größe des Vatikan-Staates einnehmend. Es ist überhaupt die größte Botschaft weltweit und damit eine Machtdemonstration. Genau so wird sie denn auch von den Irakern wahrgenommen. Damit ist es auch ein leichtes, ein paar Dutzend Unzufriedene für einen mit US-Dollars bezahlten Stundenjob zu gewinnen, um ein medienwirksames Spektakel an dieser Botschaft zu veranstalten (a1). Denn diese Botschaft, gelegen im eh schon besonders gesicherten Areal der “Grünen Zone”, ist auch eine Festung (24).
Aber gab es da nicht noch etwas? Die USA bekämpfen zunehmend offen die irakischen PMU (25,26,a2). So richteten sie Tage vor den Botschaftsprotesten ein Blutbad mit Dutzenden Toten unter den Einheiten der Volksmobilisierungsmilizen an (27,a3). Diesen Angriffen galt nämlich die Empörung der Demonstranten vor der US-Botschaft in Bagdad und das gab Alexander Stenzel in seinem Bericht bei der ARD-Tagesschau korrekt wieder. Auch das die USA einen Raketenangriff auf eine Ölförderanlage bei Kirkuk als Grund angaben, allerdings:
“Niemand bekannte sich zu den Angriffen, die USA machen aber pro-iranische Milizen dafür verantwortlich.” (28)
Nochmals: Die USA bewegen sich in einem fremden Land und konstruieren nach Belieben Vorwände, um politische Ziele durchsetzen zu können. Wer nicht gehirngewaschen ist, kann das ohne Weiteres und immer wieder aufs Neue erkennen.
Erneut darf die Frage “Wem nützt es?” gestellt werden. Die banale Standardbegründung für ein “Eingreifen” westlicher Mächte in anderen Staaten lautete in den vergangenen Jahren entweder “blutige Diktatur, wir müssen die Menschen retten” oder “das Land versinkt im Chaos” oder auch – siehe weiter oben – “wir müssen unsere Bürger im Ausland schützen”. Nach Bedarf wird inszeniert und ich befürchte, dass derzeit tatkräftig an der Inszenierung einer Kombination aus Möglichkeit zwei und drei gewerkelt wird. Die USA versuchen also derzeit, sich eine weitere, in der westlichen Öffentlichkeit emotional erschwindelte Daseinsberechtigung für ihre militärische Präsenz im Nahen Osten zu verschaffen.
Jedoch bewirken sie damit unter Umständen das Gegenteil. Die Rufe im irakischen Parlament nach einer Neuverhandlung für die Präsenz der US-Truppen im Land werden schon seit längerem immer lauter und die von Washingtons Gnaden abhängige Regierung ist nach massiven Protesten nur noch übergangsweise im Amt (29). Iraks politische Führung steht unter dem wachsenden Druck ihrer eigenen Bevölkerung und wohl auch deshalb hat sie nun über einen Sprecher der irakischen Streitkräfte verkünden lassen, dass ab sofort jedwede Operationen der US-Armee im Land einer vorherigen ausdrücklichen Genehmigung irakischer Offizieller bedarf (30).
Die Polarisierung – als Grundlage jeden Krieges – hatten die USA ab 2003 geschaffen, als sie die sunnitisch geprägten Strukturen des Staates einfach einstampften und viele Mitglieder des irakischen Bürokratie- und Sicherheitsapparates verfolgten und einsperrten. Ganz wesentlich rekrutierten sich daraus später die Anhänger des Islamischen Staates (IS) (31). Es sollte nun Niemanden verwundern, wenn die Aktivitäten des IS im Irak “plötzlich und unerwartet” rapide ansteigen.
Dafür installierten die Interventionisten bereits in der eigens gegründeten Übergangs-Verwaltung ihre handverlesenen, “guten” irakischen Politiker, die zuvor über Jahrzehnte im Westen gepflegt und eingenordet worden waren (32). Exemplarisch dafür steht der frühere Ministerpräsident (derzeit Vizepräsident) Nuri al-Maliki und sein Amtsnachfolger Haider al-Abadi (33).
Die muslimischen Glaubensrichtungen des Sunnismus und Schiismus werden von fast 95 Prozent der Gläubigen im Irak getragen (34) und die von den Völkerrechtsbrechern aus den USA betriebene, gewaltsame Polarisierung zwischen diesen Richtungen war auch ein wichtiger Grundpfeiler für die Etablierung der Strukturen von al-Qaida und Islamischer Staat im Irak. Vor dem Einmarsch der USA in den Irak konnte weder von al-Qaida, noch von einer konfessionellen Spaltung des Landes in diesem Ausmaß die Rede sein – jetzt dafür um so mehr (35).
Es gibt eine natürliche Verbundenheit zwischen dem Iran und dem Irak, welche die US-Politik versucht zu sprengen, sogar um den Preis eines Bürgerkrieges im Irak, bei dem sich Sunniten und Schiiten gegenseitig zerfleischen. Das hat es nach der “Befreiung” des Irak durch die Exzeptionalisten bereits einmal gegeben – unter den Augen zehntausender Besatzungssoldaten – was zehntausende Iraker das Leben kostete.
Die Volksmobilisierungseinheiten des Generals Soleimani waren die entscheidenden militärischen Akteure bei der Bekämpfung des Terrorismus im Irak und ihre Präsenz machte eine Aufbrechung der derzeit gegen Syrien verhängten Blockade erst möglich. Daher ist es sehr aufschlussreich, dass diese Milizen ausgerechnet in der Nähe des einzigen, inzwischen wieder voll funktionsfähigen Grenzübergangs zwischen Syrien und dem Irak – bei al-Bukamal im Südosten Syriens – wiederholt angegriffen werden. Ohne die PMU wird es keinen funktionierenden Grenzverkehr geben, und schon gar nicht einen für Syrien dringend notwendigen Transitverkehr aus und in Richtung Iran. Das ist es außerdem, was die USA derzeit ganz konkret torpedieren.
Was die USA derzeit im Irak versuchen, ist in seinen Ergebnissen keinesfalls vorbestimmt. Die von den unbelehrbaren Neokonservativen initiierten Muskelspiele des US-Militärs könnten auch in einem Desaster für die schwächelnde Weltmacht enden. Eine Niederlage, die den Verlust des Geschäftsfeldes Irak mit einschließt. Die weiter laufende Eskalation können die Hardliner in Washington nicht einfach auf den Iran projizieren, denn sie laufen Gefahr ihre landgestützte Basis Irak zu verlieren.
Die Auseinandersetzung auf die sich die USA einzustellen haben, wird asymmetrisch sein und große Verluste ihrer Truppen einschließen. Sie werden deshalb versuchen, ihre Gotteskrieger am Boden, die sie nach außen hin vorgeben zu bekämpfen, aufs Neue zu aktivieren. Sie halten noch immer unzählige Milizen in Syrien und dem Irak unter Waffen.
Fast wie zu erwarten, wurde nun die schwer befestigte US-Botschaft und außerdem einer ihrer Stützpunkte nahe der irakischen Hauptstadt mit Raketen beschossen (36). Dies geschah ganz offenbar als Reaktion auf wiederholte Angriffe, welche Einheiten der PMU galten und unter diesen weitere Tote und Verletzte forderten (37).
Bleibt noch eine Frage: Was suchen Militärs der Bundeswehr im Irak? Die Begründung seitens der Deutschen Regierung möchte ich Ihnen nicht vorenthalten (Hervorhebung durch Autor):
“Das deutsche Engagement fortzuführen, ist weiterhin erforderlich, um das Erreichte abzusichern, die Fortschritte auszubauen und Rückschritte zu verhindern. Dabei flankiert der deutsche Beitrag das Engagement der internationalen und regionalen Partner im Kampf gegen den IS. Der Einsatz beruht auf Bitten und dem Einverständnis der irakischen Regierung.” (38)
Warum nun die vier hervorgehobenen Abschnitte?
1. “um das Erreichte abzusichern“: Was bitteschön wurde im Irak erreicht, seit er gewaltsam von fremden Truppen besetzt wurde? Meint man die glänzenden Geschäfte internationaler Konzerne, die grassierende Gewalt, die unzähligen Toten und Verwundeten, die Armut, die ethnischen Spannungen und die permanente Gratwanderung am Rande eines ganz großen Krieges im Nahen Osten?
2. “die Fortschritte auszubauen“: Das ist hohles Neusprech, mehr nicht. Welche Fortschritte denn? Warum nickt ein Parlament so einen nichtssagenden Kauderwelsch ab und genehmigt den Einsatz von deutschen Soldaten in einem absoluten Krisengebiet? Um das Nichts an “Fortschritte[n] auszubauen”, weil die militärischen Kontrollstrukturen der NATO-Staaten – um diese handelt es sich nämlich in Wahrheit – schlicht nichts in dieser Richtung vorzuweisen haben?
3. “im Kampf gegen den IS“: Der Kampf gegen den IS ist eine der großen Lügen des vergangenen Jahrzehnts und der aufmerksame Leser kann allein aus dem Studium des vorliegenden Beitrags heraus zumindest erahnen, warum das so ist (39-43). Kleine Quizfrage: Was gab es eher im Irak – die US-Interventionisten und ihre “Partner” oder den Islamischen Staat?
4. “auf Bitten und dem Einverständnis der irakischen Regierung“: Genau, wir installieren uns in einem fremden Land, das wir zuvor ursupierten, Politiker unserer Wahl und fragen dann genau die, ob wir dürfen. Es sei satirisch nach George Orwell kommentiert: “Danke für Ihre Kooperation, liebe irakische Spitzenpolitiker, importiert aus den wertewestlichen Politikerschmieden, für die Einführung von Good Governance im zu transformierenden Heimatland”.
Aber wir, als Bürger des deutschen Staates, dürfen uns nicht beschweren, wenn wir uns so an der Nase herumführen lassen.
Das sind Erklärungen einer von uns gewählten Regierung, um Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland zu begründen, einen bitter-herzlichen Glückwunsch an uns alle. Schauen wir doch mal, wo das Kreuzchen bei der nächsten Bundestagswahl gesetzt ist. Was die meisten Menschen nicht wahrhaben wollen, ist, dass sie aus Bequemlichkeit und Angst genau den Krieg wählen – und irgendwann wird er sie auch wieder erreichen.
Bitte bleiben Sie schön aufmerksam.
Anmerkungen und Quellen
(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 5. Januar 2020, 17:40 Uhr.
(a1) Es ist eine Spekulation meinerseits, wenn ich ein Szenario gekaufter Unruhen vor der US-Botschaft in Bagdad anbiete. Dass sich hier Frust und Empörung auf “natürliche” Art und Weise entfalteten, ist ebenso gut möglich. Am wahrscheinlichsten ist wohl eine Kombination beider Szenarien, weil so etwas auch über sogenannte Agents Provocateurs mit geringem Aufwand zu bewerkstelligen ist.
(a2) Mehrere Luftangriffe auf irakische und syrische Stellungen, welche in den vergangenen Monaten gemeldet wurden, haben keine offiziell bestätigte Urheberschaft. Das stützt die Annahme, dass hinter einigen dieser Attacken auch die israelische Luftwaffe zu orten ist. Das israelische Militär gibt in der Regel keine Bestätigung für durchgeführte Militäroperationen in den genannten Staaten.
(a3) Die Volksmobilisierungseinheiten im Irak (PMU) werden seit mehreren Monaten mittels Luftangriffen attackiert. Da in derem Operationsgebiet “Inherent Resolve” über die Lufthoheit, wenn nicht sogar Luftherrschaft verfügt, muss man nicht groß raten, wer die Angreifer sind. Die Opferzahlen bei den Milizen sind inzwischen im hohen dreistelligen Bereich einzuordnen.
(1) 08.11.2019; Birgit Svensson; https://www.welt.de/politik/ausland/article203180338/Irak-Massenprotest-vereint-Religionen-Schichten-und-Geschlechter.html
(2) 03.01.2020; https://www.dw.com/de/live-ticker-eskalation-am-golf/a-51875258-0
(3) 03.01.2020; https://deutsch.rt.com/inland/96399-bundesregierung-rechtfertigt-ermordung-von-Soleimanii-durch-usa/
(4,23) 03.01.2020; https://www.tagesschau.de/ausland/angriff-flughafen-bagdad-101.html
(5,6,10) 03.01.2020; https://www.tagesschau.de/ausland/hintergrund-al-kuds-101.html
(7) 04.01.2020; Arkadi Staev; https://deutsch.rt.com/meinung/96414-trumps-mordbefehl-gegen-qassem-soleimani/
(8) 27.11.2018; Elijah J. Magnier; https://ejmagnier.com/2018/11/27/who-boosted-qassem-soleimanis-image-and-spread-irans-influence-throughout-the-middle-east/
(9) 03.01.2020; Philip Klaus; https://flutterbareer.wordpress.com/2020/01/03/die-usa-provoziert-gerade-im-irak-einen-neuen-krieg/
(11) 03.01.2020; Michael Thumann; https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-01/raketenangriff-usa-irak-iranischer-general-kassem-Soleimanii-toetung-folgen?utm_source=pocket-newtab
(12) 18.12.2015; http://www.shortnews.de/id/1182650/us-air-force-bombardiert-irakische-armee#
(13) 27.01.2018; https://flutterbareer.wordpress.com/2018/01/27/us-helikopter-toetet-mehrere-polizisten-im-irak/
(14) 27.12.2013; http://www.allgov.com/news/us-and-the-world/forgotten-by%20most-americans-iraq-is-still-a-source-of-profits-for-us-weapons-makers-131227?news=852018
(15) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/352265/umfrage/entwicklung-der-militaerausgaben-vom-irak/; abgerufen: 03.01.2020
(16) https://de.tradingeconomics.com/iraq/fiscal-expenditure; abgerufen: 04.01.2020
(17) https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Staatshaushalt#Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Staatshaushalt; abgerufen: 04.01.2020
(18) 11.12.2009; https://www.zeit.de/wirtschaft/2009-12/shell-irak-oelfelder
(19) 10.12.2014; Sylvia Weiss; https://irakseite.wordpress.com/; Kap. “Die lukrative Melkkuh”
(20) 28.12.2015; Tommy Hansen; http://www.free21.org/pdf-die-firma-des-praesidenten-die-groesste-kriegsindustrie-der-welt/
(21) 02.06.2015; https://www.welt.de/politik/ausland/article141758764/IS-erbeutete-in-Mossul-2300-Panzerfahrzeuge.html
(22) 20.05.2015; https://www.handelsblatt.com/politik/international/irak-is-erbeutet-us-waffen-in-ramadi/11800026.html?ticket=ST-44365415-lQshJUDfy6L7fHaSJZmk-ap2
(24) 05.01.2009; https://www.spiegel.de/politik/ausland/gruene-zone-usa-eroeffnen-weltgroesste-botschaft-in-bagdad-a-599540.html
(25) 26.07.2019; https://www.mena-watch.com/schiitische-milizen-im-irak-bombardiert/
(26) 26.08.2019; https://www.businessinsider.de/politik/geheimangriff-aufgeflogen-hype-um-g7-und-trump-schauernachricht-israel-irak-2019-8/
(27) 29.12.2019; https://southfront.org/u-s-announces-strikes-against-iranian-backed-forces-in-iraq-syria/
(28) 29.12.2019; https://www.tagesschau.de/ausland/hisbollah-syrien-iran-101.html
(29) 30.12.2019; https://www.dw.com/de/irak-%C3%BCberdenkt-beziehungen-zu-usa/a-51841524
(30) 05.01.2020; https://parstoday.com/de/news/middle_east-i50389-irak_ordnet_beschr%C3%A4nkungen_f%C3%BCr_us_milit%C3%A4roperationen_im_land_an
(31) 26.06.2014; Stefan Buchen; https://de.qantara.de/inhalt/der-westen-und-die-irakkrise-die-haessliche-neue-ordnung-des-fruchtbaren-halbmondes
(32) https://www.thefamouspeople.com/profiles/haider-al-abadi-6889.php; abgerufen: 04.01.2020
(33) Nuri al-Maliki; Biografie; http://www.whoswho.de/bio/nuri-al-maliki.html; abgerufen: 04.01.2020
(34) https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/irak-node/irak/203976; abgerufen: 03.01.2020
(35) 11.03.2015; Stefan Buchen; https://de.qantara.de/inhalt/sunnitisch-schiitischer-konflikt-der-feind-meines-feindes
(36) 04.01.2020; https://southfront.org/rocket-attacks-target-u-s-embassy-military-base-in-iraqi-capital/
(37) 04.01.2020; Philip Klaus; https://flutterbareer.wordpress.com/2020/01/04/usa-sucht-im-irak-die-eskalation/
(38) 24.10.2019; https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bundeswehr-irak-syrien-1672184
(39) 02.08.2015; Marco Giannangeli, Josh Taylor; http://www.express.co.uk/news/uk/595439/SAS-ISIS-fighter-Jihadis
(40) 26.03.2016; http://noch.info/2016/03/perverses-doppelspiel-nato-spezialkraefte-kaempfen-als-is-terroristen-verkleidet-in-syrien/
(41) 09.06.2015; Tony Cartalucci; https://journal-neo.org/2015/06/09/logistics-101-where-does-isis-get-its-guns/
(42) 08.05.2017; https://www.nbcnews.com/storyline/isis-uncovered/isis-infiltrates-rukban-refugee-camp-jordan-syria-border-n750206
(43) Ben Norton; 16.06.2017; https://www.alternet.org/grayzone-project/us-and-gulf-allies-supported-islamist-extremists-syria-qatars-ex-prime-minister
(b1) Suche nach “US-Botschaft im Irak” bei ixquick.com; 4.1.2020; https://www.startpage.com/sp/search
(Titelbild) US-Botschaft im Irak, Bagdad; 20.1.2014; Quelle: US-Regierung; https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:U.S._Embassy_in_Baghdad,_Iraq.png; Lizenz: Gemeinfrei
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Dr. Gniffkes Macht um acht
ARD-aktuell: Servil und kriegsbereit
Die Tagesschau übernimmt die Agenda der Regierung und verschweigt den Rechtsnihilismus der Debatte über den Syrien-Einsatz
Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam
Soll auch die Bundeswehr in Syrien Bombenangriffe fliegen? Die “Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages” gutachten, ein solcher Kriegseinsatz sei Völkerrechtsbruch und unvereinbar mit dem Grundgesetz. Trotzdem erklärten sich Bundeskanzlerin Merkel und ihre Verteidigungsministerin von der Leyen im Bundestag dazu bereit, falls in Idlib Chemiewaffen verwendet würden. Sie bewegen sich damit fernab aller Rechtsgrundlagen, fernab der Realität in Syrien und fernab der überwältigenden Mehrheit der deutschen Beölkerung. Und was berichtet ARD-aktuell, was melden Tagesschau und Tagesthemen über diesen unglaublichen Skandal?
NICHTS.
„Es gibt einen Unterschied zwischen journalistischem und politischem Handeln. Es ist nicht die Aufgabe von Journalisten, eine Partei oder einen charismatischen Politiker zu bekämpfen,“ schrieb der renommierte New Yorker Medienwissenschaftlicher Jay Rosen in einem “Brief an die deutschen Journalisten“ (1) selbigen ins Stammbuch. Und weiter: „Es reicht nicht, die Agenda von den Regierenden zu übernehmen. … Als Journalisten haben Sie nicht die Aufgabe, den Leuten zu sagen, was sie denken sollen.”
Man darf davon ausgehen, dass Rosen damit vor allem “Qualitätsjournalisten” wie ARDaktuell- Chefredakteur Dr. Kai Gniffke meinte. Mit vollem Recht, wie die irreführenden Nachrichten der Tagesschau über Syrien immer wieder belegen:
(Studio)
“Bundesaußenminister Maas hat mit seinem russischen Kollegen Lawrow über den Syrienkrieg beraten. Dabei forderte Maas Moskau auf, eine Großoffensive gegen die letzte Rebellenhochburg Idlib zu
verhindern. …”
(Reporter):
“…. Eine humanitäre Katastrophe drohe vor allem, wenn die Regierungstruppen bei einem Vormarsch Chemiewaffen einsetzen würden.”
(Maas):
“Russland verfügt über die Möglichkeiten, auf das syrische Regime einzuwirken, und wir bauen darauf, dass diese jetzt genutzt werden, damit ein solcher Einsatz von Chemiewaffen unter allen Umständen
verhindert wird. …” (2)
Die Redaktionen von ARD-aktuell sind per Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet, umfassend und objektiv zu berichten. Sie müssten folglich politische Äußerungen auf ihre Sachlichkeit, Angemessenheit und auf (verborgene) Absichten hin überprüfen. Auch Außenminister Maas hat ein Lufwaffen-Bombardement als Antwort auf einen Chemiewaffenvorfall bisher nicht kategorisch abgelehnt und folgt somit Merkel und von der Leyen. Die Tagesschau hätte also nachzufragen, ob und wie es sich denn mit dem Grundgesetz und der Charta der Vereinten Nationen verträgt, dass die Kanzlerin und ihre Minister das Wort “Krieg” abschmecken wie die Soße zum Schweinebraten. (3, 4)
Als nächstes hätte die Redaktion zu untersuchen, wie sich die westliche Warnungen vor einem angeblich zu befürchtenden Chemiewaffengebrauch der syrischen Armee dazuverhalten, dass Syrien unter internationaler Kontrolle seinen Chemiewaffenbestand samt Produktionsanlagen längst restlos vernichten ließ. Aufgrund dieser Kontrolle und der Kriegszerstörungen hatte Syrien auch keine Möglichkeit mehr, neue Chemiewaffen herzustellen.
Den Gesetzen der Logik folgend wäre weiterhin zu fragen, welches Interesse die mittlerweile wieder landesweit siegreiche syrische Armee denn daran haben könnte, in der bevorstehenden Schlacht um die “letzte Rebellenhochburg” Idlib das einzig noch denkbare Chlorgas einzusetzen – und damit zu riskieren, von der USA-geführten Westallianz kurz vor dem Ende des Krieges diskreditiert und bombardiert zu werden? Alle Kriegserfolge gefährden mit ein paar “Fassbomben” voll Chlorgas? Mit einem chemischen Produkt, das auch im Zivilsektor in weitem Gebrauch ist und wegen seiner geringen Eignung nicht einmal auf der internationalen Liste der Kampfstoffe geführt wird, wohl aber in den Propagandafilmen der “Weißhelme” eine verdächtig auffällige Rolle spielt? (5)
Dass Russland seit Wochen vor “Operationen unter falscher Flagge” warnt, davor, dass die Terroristen in Idlib Vorbereitungen für einen Chlorgaseinsatz träfen, um damit die westliche Kriegsallianz zum Angriff auf syrische und russische Streitkräfte zu provozieren (6,7,8) – kein Wort darüber in der Tagesschau. Stattdessen unterstützt ARD-aktuell das propagandistische Bemühen der „Westlichen Wertegemeinschaft“ und deren höriger Mainstream-Medien, einen Grund für verschärfte Bombardierung in Syrien zu konstruieren. Zu Gunsten der Dschihadisten und Al-Qaida-Nachfolger in Idlib? (9,10)
Pflicht der Redaktionen der ARD-aktuell wäre es, die interessengeleiteten Politikeraussagen mit zeitgeschichtlichen Tatsachen abzugleichen, dokumentiert zum Beispiel während der Befreiung Ost-Aleppos. Auch damals lieferte die ARD-aktuell breite Fälschungen. Sie stellte den Rückeroberungsakt als Kriegsverbrechen der russischen und der syrischen Streitkräfte als “humanitäre Katastrophe” dar, ungeachtet aller Fakten; sie ignorierte geradezu zwanghaft die Frage nach Auswirkungen der terroristischen Schreckensherrschaft in Ost- Aleppo und nach den Qualen, die die Zivilbevölkerung unter der Besatzung erleiden musste. Die Redaktion müsste spätestens jetzt Schlüsse aus den Berichten der befreiten Bewohner Aleppos ziehen.
Fraglos wird eine gewaltsame Befreiung Idlibs ebenfalls viele Opfer fordern. Fraglos müssten Tagesschau-Redakteure aber auch beschreiben, was die Konsequenzen einer fortdauernden Terrorherrschaft der 60.000 in Idlib konzentrierten Dschihadisten und Söldner wären. (11) Was hieße es für die Zivilbevölkerung? Was wären die Folgen, wenn die Terroristen aus ihrer “Hochburg” aus weiterhin in Syrien bomben und morden können? Was ergibt sich denn sonst aus der Aufforderung an Russland, die Rückeroberung Idlibs durch die syrische Armee “unter allen Umständen zu verhindern”?
Als sich die Bundesregierung kürzlich bereit erklärte, einigen der obskuren “Weißhelme” Asyl zu gewähren, die in Südsyrien vor der Gefangennahme durch die syrische Armee standen, beschönigte ARD-aktuell diesen von Maas als “humanitäre Hilfe” ausgegebenen Einfall mit höfischer Schleimerei. (12) Es störte die Tagesschau-Redaktion auch nicht, dass die niederländische Regierung ihre Unterstützung für die „Weisshelme“ eingestellt hat, weil an deren Integrität profunde Zweifel bestehen.(13)
Wären der Redaktion das Völker- und das Verfassungsrecht mehr wert als ein Fliegendreck, dann würden ihre Verantwortlichen das bedenkenlose Gerede der Bundeskanzlerin und ihrer Minister von einer “humanitären Katastrophe” im Falle eines Angriffs der syrischen Armee in Idlib hinterfragen. Humanitäre Katastrophen auf syrischem Staatsgebiet waren unseren Regierenden bislang eher gleichgültig. Alle wurden von der Westlichen Wertegemeinschaft (WWG) selbst herbeigeführt: mit einem unmenschlichen Wirtschaftsembargo Syriens, mit Milliarden Dollar und Euro für Waffenlieferungen an die Terroristen, darüber hinaus mit der Organisation eines ständigen Nachschubs von Söldnern aus Arabien, Afrika, USA und Asien.
Selbst Tagesschau-Redakteure sollten erkennen können: Die beschworene “humanitäre Katastrophe” stellen derzeit 60.000 kampferfahrene Terroristen und Dschihadisten in Idlib dar, organisiert in der al-Kaida, der Haiat Tahrir al-Scham (HTS) und dem IS. Mord, Folter, Vergewaltigung, Plünderung und Missbrauch von Zivilisten als “Schutzschilde” sind ihre Methodik. Diese Verbrecher werden sich nicht in nächstenliebende Sozialarbeiter verwandeln, wenn die syrische Armee sie endlich auch aus Idlib vertreibt. Sie werden vielmehr über die Türkei nach Europa strömen. Der dschihadistische Terror wäre dann auch bei uns erst richtig zuhause. Berlin, Brüssel, Paris, London und Rom fürchten den Zustrom tausender gewaltfähiger Banditen und dessen kulturelle und politische Folgen für Westeuropa. (14,15). Hier ist das wahre Motiv für ihre kriegsbereite Aufgeregtheit zu suchen.
Die Regierenden der Westlichen Wertegemeinschaft haben mit ihrem Terrorkrieg in und gegen Syrien Probleme geschaffen, die sie nun nicht lösen können. Dass sie anfangs anstelle Assads ein Dschihadistenregime in Damaskus wünschten, verschleiern sie jetzt. Dabei war und ist ihnen ARD-aktuell sehr behiflich.
Wohin nun aber mit den 60 000 liebgewordenen “Rebellen”, sprich Kopfabschneidern? (16) Wer nimmt sie auf?
Eine Nachrichtenredaktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat keine politische Ratgeberkompetenz und auch keinen solchen Auftrag. Sie hat sich auf objektive Berichterstattung beschränken, auf ihre demokratische Kontrollfunktion gegenüber Parlament und Regierung. Sie ist gesetzlich verpflichtet, “die internationale Verständigung zu fördern und für die Friedenssicherung einzutreten”. Sie müsste somit schleunigst melden, was der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages über das Berliner Kriegsgeschrei befand und damit der Regierung sowie deren Zeloten im Parlament nachdrücklich auf die Zehen steigen:
„Die Teilnahme Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Militäreinsatz kann niemals verfassungskonform sein. (Deutsche Staatsorgane dürften) „nicht an einem Verstoß von Drittstaaten gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts mitwirken. … Im Ergebnis wäre eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an einer Repressalie der Alliierten in Syrien in Form von „Vergeltungsschlägen“ gegen Giftgas-Fazilitäten völkerrechts- und verfassungswidrig.“(17)
Dass Bundesregierung und Parlament nach Ansicht der Juristen bereits Verfassungsverrat und Völkerrechtsbruch begangen haben, geht übrigens auch aus einem weiteren Befund der Bundestags-Wissenschaftler über die Tornado- Einsätzen der Bundeswehr über Syrien hervor, die Zieldaten für Bombardements der westlichen Allianz ermitteln:
„Auch die (bloße) militärisch-logistische Unterstützung … (ist) … als Unterstützung eines völkerrechtswidrigen Handelns selbst völkerrechtswidrig.“(18)
Auch dieses Gutachten ignorierte die Tagesschau und machte sich zum Komplizen des Völkerrechts- und Verfassungsbruchs pflichtvergessener Politiker. Solche Nachrichtenunterschlagung hat bei ARD-aktuell Tradition. Entgegen ihrem gesetzlichen Auftrag und entgegen dem Anspruch ihrer Millionen Zuschauer – die zugleich zahlende Kunden sind –, ignoriert sie dabei auch, was die Bevölkerung über eine deutsche Kriegsbeteiligung denkt. Über längere Zeiträume ermittelt, dieses:
Für einen Kriegseinsatz „auf jeden Fall“ sind nur 5 Prozent. „Ja, aber nur mit einem UN-Mandat“ sagen 31 Prozent. Nein, „auf keinen Fall“ sagen 62 Prozent.(18) Doch wenn schon die Regierung und die Berliner Parlamentsmehrheit auf den Willen der Bevölkerung pfeifen, wie sollte dann das Regierungs-Sprachrohr Dr. Kai Gniffke, Chefredakteur ARD-aktuell, sich dem Interesse seiner Tagesschau-Zuschauer verpflichtet fühlen?
Zum Schluss eine gute Nachricht:
„Auf die Frage „Sollte sich die Bundeswehr an einem Militäreinsatz gegen das Assad-Regime beteiligen, falls dieses im Syrienkrieg Giftgas einsetzt?“ antworteten 73,7 Prozent der Befragten mit „Nein“
und nur 20,8 Prozent mit „Ja“. 5,5 Prozent waren unentschieden. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey …“ (19)
Quellen:
(1)
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/jay-rosen-schreibt-einen-brief-an-diedeutschen-journalisten-15765235.html
(2)
https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-27543.html
(3)
https://www.tagesspiegel.de/politik/debatte-im-bundestag-merkel-schliesstbundeswehreinsatz-in-syrien-nicht-aus/23059756.html
(4)
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/syrien-krieg-von-der-leyen-schliesstmilitaerische-beteiligung-in-syrien-nicht-aus/23059092.html?ticket=ST-6706370-VG49kRSv5gGflhxnxoEi-ap4
(5)
http://blauerbote.com/2018/08/09/faelschungen-der-weisshelme/
(6)
http://www.guidograndt.de/2018/02/14/vorbereitung-zu-neuer-false-flag-in-syrienrussland-warnt-provozierter-giftgas-angriff-von-terroristen-weisshelme-cnn-verwickelt/
(7)
https://dieunbestechlichen.com/2018/04/brandgefaehrlich-westlicher-fake-news-kriegzu-syrien-kann-zu-realem-krieg-gegen-russland-ausarten/
(8)
https://de.sputniknews.com/panorama/20180915322328286-syrien-idlib-chlor-behlterterroristen-provokationen/
(9)
https://www.tagesschau.de/ausland/bombardement-idlib-syrien-101.html
(10)
https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-idlib-angriff-101.html
(11)
https://derstandard.at/2000087157333/Syrische-Christen-melden-Islamisten-Angriff-in-Maharda?ref=rec
(12)
https://www.tagesschau.de/ausland/israel-syrien-145.html
(13)
https://www.heise.de/tp/features/Syrien-Niederlande-beendet-Unterstuetzung-der-Weisshelme-und-der-bewaffneten-Opposition-4161995.html
(14)
https://www.ouest-france.fr/monde/syrie/syrie-assaut-sur-idlib-jean-yves-le-driancraint-le-risque-de-dispersion-des-djihadistes-5962621
(15)
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2018/09/15/eu-will-platz-fuer-personenschaffen-die-idlib-verlassen-muessen/
(16)
https://www.heise.de/tp/features/Syrien-Wohin-mit-60-000-Kaempfern-fuer-einenislamistischen-Staat-4165083.html
(17)
https://www.bundestag.de/blob/568586/e979e0a7348409ce22153522087b3813/wd-2-130-18-pdf-data.pdf
(18) Anm: Im April 2018 bewertete der Wissenschaftliche Dienst den Krieg der westlichen
Allianz als unvereinbar mit dem Völkerrecht. S. Dazu:
https://www.bundestag.de/blob/551344/f8055ab0bba0ced333ebcd8478e74e4e/wd-2-048-18-pdf-data.pdf
(19)
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/269183/umfrage/umfrage-zu-einemmilitaereinsatz-in-syrien/
(20)
https://www.zeit.de/news/2018-09/11/umfrage-fast-dreiviertel-der-deutschen-lehnenbundeswehreinsatz-in-syrien-ab-20180911-doc-19105t
Das Autoren-Team:
Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer
Funkhausdirektorin.
Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 im NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1985 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehr- und Forschungsauftrag an der Fu-Jen-Uni in Taipeh.
Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden zumeist auf der Seite
https://publikumskonferenz.de/blog dokumentiert.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
pünktlich zur Frankfurter Buchmesse hat der PapyRossa-Verlag das neue Buch von Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam und mir als Herausgeberin vorgestellt. Auf 250 Seiten haben wir vor Allem rubrizierte Programmkritiken zu den Angeboten von ARD-aktuell vorgestellt, die sich mit den Themen Venezuela, Syrien, Ukraine, Russland und politsch-sozialen Irrwegen im eigenem Land befassen.
Das Buch ist bestellbar über die Buchkomplizen, über unseren Verlag oder über unser Partnerprogramm, welches wir hier direkt im Blog verlinkt haben. Wenn Sie über einen Klick auf die Buchtipps unseres Blogs Bücher bestellen, registriert das Programm, dass der Käufer über die Seite der Publikumskonferenz in den Shop gekommen ist und wir bekommen pro Verkauf eine Provision. Über den Shop sind alle Bücher erhältlich, die in Deutschland auf dem Markt sind. Sollte Ihr „Weihnachtswunsch“ nicht dabei sein, schreiben Sie einfach eine Mail an den Verlag und Ihr Buch wird ins Programm aufgenommen.
Auf Rubikon erschien nun ein erster Exklusivabdruck.
Durch medial verbreitete Feindbilder werden Stigmatisierung und Ausgrenzung, Sanktionen und Schikanen, Gewalt und Willkür gefördert — nach innen wie nach außen. Die Rolle, welche die Tagesschau dabei spielt, spießen Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer im jüngst auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellten neuen Buch „Zwischen Feindbild und Wetterbericht“ mit Ironie und Sarkasmus auf. Die Methoden und Mechanismen der kritisierten Nachrichtengebung macht Maren Müller in kenntnisreichen Einleitungen nachvollziehbar. Dabei arbeitet sie auch den bizarren Widerspruch zwischen selbst formuliertem Anspruch und gesetzlichem Auftrag der Tagesschau auf der einen und deren realer Praxis auf der anderen Seite heraus.
Seit Jahrzehnten forschen Hundertschaften von Wissenschaftlern zu Möglichkeiten erzählerischer Überzeugungsarbeit, oder akademisch ausgedrückt: zum persuasiven Potenzial narrativer Berichterstattung. So ist der Zusammenhang zwischen Journalismus und Erzählung — Storytelling beziehungsweise Narrativ — bereits seit den 1970er Jahren Gegenstand zahlreicher Publikationen. Ziel der kollektiven Bestrebungen des „politisch-wissenschaftlich-medialen Komplexes“ ist es, den Rezipienten zu befähigen, die vernommene und verstandene Botschaft auch nachhaltig zu verinnerlichen und eine entsprechende Verhaltensänderung herbeizuführen.
Die Wissenskluftforschung (17) unterstreicht insbesondere die Bedeutung alternativer Ermittlungsstrategien für Personen, für die sich eine klassische Nachrichtenvermittlung aus diversen Gründen als wenig oder gänzlich ungeeignet erweist. Eine solch alternative Form der Berichterstattung müsste zunächst Interesse und Aufmerksamkeit wecken, um auch Menschen zu erreichen, die ansonsten mit politischen Nachrichten wenig beziehungsweise nichts anfangen können oder diese mit Vorsatz meiden.
Die meisten Menschen interessieren sich von Kindheit an mehr für Geschichten, die von anderen Menschen handeln, als für reine Fakten und Daten, weil sich sowohl Bilder als auch Metaphern besser verarbeiten lassen und leichter einprägen als abstrakte Sachverhalte.
Informationen, in Form narrativer Erzählweisen präsentiert, werden selektiv verinnerlicht und können auf Einstellungen und Verhalten nachwirken. Die Forschung zeigt, dass Narrationen auf sehr subtile Weise überzeugen können, wenn Erzählhandlung und Zielinformationen so eng wie möglich miteinander verknüpft sind. Rezipienten übernehmen auch schwache Argumente und offensichtlich unsinnige Überzeugungen, wenn diese narrativ vermittelt werden. Die stärksten Persuasionsmechanismen sind — laut Forschung — reduziertes Gegenargumentieren und unterbundene Reaktanz (18).
Politisch meinungsführend sind in Deutschland die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) (25) und ihr „Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit“. Finanziell bestens ausgestattet vom Kanzleramt werden hier die außenpolitischen Leitplanken, Argumentationsmuster, Wording und diverse Handreichungen für die Politik erarbeitet, die in Folge die gleichlautenden Narrative und den Informationsstil der konzern- und staatsnahen Medien prägen. Wann immer die öffentlich-rechtliche Nachrichtengebung opportune Experten benötigt, stehen namhafte Mitarbeiter der SWP (26) vor den Kameras bereit.
Geradezu prekär mutet dagegen die von diversen Qualitätsjournalisten in schöner Regelmäßigkeit herbeiphantasierte „russische Troll-Fabrik in St. Petersburg“ an, die mit ihren 150 Mitarbeitern eher dem Charakter eines Call-Centers entspricht, aber laut der ehemaligen ARD-Moskau-Korrespondentin Golineh Atai in der Lage sei, die Öffentlichkeit der westlichen Welt ideologisch zu beeinflussen und sogar Wahlen zu manipulieren (27).
Die Beeinflussung der „Heimatfront“ ist so alt wie die Kriegsführung selbst und, die Funktion der Medien für die Formatierung der Gedanken als notwendiges Element zur Realisierung von Kriegen ist evident. Kriege können nicht stattfinden, wenn nicht vorher auf mentalem Wege die Weichen dafür gestellt wurden und die öffentliche Meinung zustimmend auf geplante Interventionen reagiert.
Hass, Vorurteil und Kriege beginnen immer in den Köpfen der Menschen, eingepflanzt durch psychologische Mobilmachung, gezielte Desinformation und Propaganda. Bevor die öffentliche Meinung einem Krieg zustimmt oder zu Intervention, Sanktionen und anderen Schikanen gegen andere Völker animiert werden kann, muss sie von der realen Notwendigkeit und vom unvermeidlichen Konflikt überzeugt werden.
Ein wesentlicher Teil der modernen Kriegsführung zielt auf die menschliche Psyche ab und will primär Einstellungen verändern, nicht nur in Bezug auf geplante Interventionen gegen andere Völker, sondern auch um Feindbilder zu generieren, die dem herrschenden System von Nutzen sind. Die Massenpropaganda arbeitet dabei mit simplen, aber kategorisch vorgetragenen Behauptungen. Durch penetrante Wiederholung der Inhalte und unter Zuhilfenahme passender Schlüsselwörter —Diktator, Schlächter, Machthaber, Irrer, Regime et cetera— bildet sich eine entsprechende Stimmung und ein Effekt der psychologischen Ansteckung. Verstärkt wird der Prozess auch hier durch das Bestreben vieler Menschen, sich der Masse anzuschließen — Mitläufereffekt, auch Bandwagon-Effekt — und dazuzugehören, anstatt durch gegenläufige Ansichten ausgegrenzt und stigmatisiert zu werden (28).
Das alte Herrschaftsinstrument Presse, das aus der Nähe zu elitären und parteipolitischen Interessen Profit schlägt oder gar Teil davon ist, bereitet Mächten den Boden, die darauf angewiesen sind, die öffentliche Meinung auf die „Notwendigkeit“ von Sanktionen bis hin zu Kriegseinsätzen einzuschwören.
Die geopolitischen Funktionen imperial orientierter Medien sind insbesondere die Delegitimierung potentieller „Feindstaaten“ beziehungsweise deren aktueller Regierungen, die Unterstützung offener und das Ausblenden verdeckter Operationen, die Rechtfertigung von Sanktionen und Regimewechseln sowie die Mithilfe bei der Führung beziehungsweise Absetzung von Klientelregierungen (29).
Gezielte Propaganda mittels handfester Lügen war Grundlage völkerrechtswidriger Kriege gegen Vietnam, Jugoslawien, den Irak, Libyen und Syrien. Zu jedem einzelnen Fall gibt es eine Legende, die von Spin-Doktoren oder Politikern erdacht und von Massenmedien eilfertig verbreitet wurde. Einige längst widerlegte Kriegslügen haben sich bis heute „dank“ serviler Medien im kollektiven Gedächtnis eingebrannt, andere, zu offensichtliche, haben die Glaubwürdigkeit von Politik und Medien weiter beschädigt.
Unvergessen ist der „Tonkin-Zwischenfall“, der den Vorwand für die Ausweitung des Vietnamkriegs sowie die Luftangriffe und Flächenbombardements der USA gegen die Demokratische Republik Vietnam („Nordvietnam“) lieferte. Die „Tonkin-Resolution“ legalisierte nach ihrer Annahme im US-Kongress von 1965 bis 1973 alle Kriegsmaßnahmen der USA in Vietnam (30). Der Krieg wurde bekanntermaßen verloren, was die gedemütigten US-Eliten zu dem Schluss verleitete, dass der Vietnamkrieg vor allem durch die Berichterstattung in den Medien verloren wurde. Fortan wurde als notwendig erachtet, einen Krieg nicht nur an der Front, sondern auch an der Heimatfront zu gewinnen. So kam es zur verstärkten Konditionierung der Medien, jeder künftige Krieg wurde von einer ausgeklügelten Medienstrategie begleitet (31).
Berühmt-berüchtigt ist auch die sogenannte „Brutkasten-Lüge“, kreiert von einer PR-Agentur und tränenreich vorgespielt von einer Jugendlichen, die vor dem informellen Menschenrechtskomitee des US-Kongresses behauptete, irakische Soldaten hätten bei der Invasion Kuwaits im August 1990 Frühgeborene getötet, indem sie diese aus ihren Brutkästen gerissen und auf dem Boden hätten sterben lassen. Erst nach dem Krieg wurde bekannt, dass besagte Jugendliche die fünfzehnjährige Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war. Die Public Relation Agentur Hill & Knowlton hatte sich den Vorfall ausgedacht, um die US-amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Krieges gegen den Irak zu überzeugen. Die Brutkasten-Lüge wurde seinerzeit von den meisten Massenmedien weiterverbreitet, leider auch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. Diese NGO trug damals maßgeblich dazu bei, die öffentliche Meinung in den USA zugunsten des ersten US-Krieges gegen den Irak zu drehen (32).
Ein weiteres bekanntes Beispiel für Kriegspropaganda waren die angeblichen Belege über irakische Massenvernichtungswaffen, die US-Außenminister Colin Powell 2003 dem UN-Sicherheitsrat mittels eines in die Höhe gehaltenen kleinen Reagenzglases verkaufte. Jahre später, aber zu spät für zigtausende getötete Iraker, sollte er diese Lüge selbst als „Schandfleck“ seiner Karriere bezeichnen. Im Vorfeld seiner kriegsauslösenden Rede hatte Powell fünf Tage im Hauptquartier der CIA verbracht und Geheimdienstberichte studiert, von denen sich viele später als falsch herausstellten. Nach der Invasion hatten US-amerikanische Waffeninspekteure keinerlei Belege für die Existenz von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen im Irak gefunden (33).
Die angeblichen serbischen Massaker im Kosovo, der Auschwitz-Vergleich des grünen Außenministers Joseph Fischer und der sogenannte „Hufeisenplan“, den der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) der jugoslawischen Regierung angedichtet hatte, um den NATO-Angriffskrieg zu rechtfertigen, gingen in die jüngere Geschichte ein (34).
Die Bundesregierung brauche „Fakten über Gräuel, besser noch Bilder von Grausamkeiten, die Milosevics Schergen begangen haben“, beschwerte sich Verteidigungsminister Scharping öffentlich, die NATO rücke nicht genügend Bilddokumente heraus. „Ich hoffe, sie ändert das bald“, so Scharping, denn es sei „auch eine Schlacht um Information und Propaganda“ (35).
Was angesichts diverser Tribunale gegen Angegriffene durch die Angreifer besonders auffällig ist: Kein noch so sehr auf Lügen basierendes NATO-Kriegsverbrechen wurde jemals angemessen geahndet. Es gab keinerlei Sanktionen im Gegenzug für Millionen Opfer in arabischen beziehungsweise muslimisch geprägten Ländern seit 9/11, die auf das Konto des US-Regimes und seiner Verbündeten gingen, kein international anerkanntes Urteil wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und vor allem kaum Kritik seitens der etablierten Medien am hegemonialen Gebaren des Westens.
Das Gegenteil ist der Fall:
Die in Komplexitätsreduktion brisanter geopolitischer Ereignisse geübten Medienvertreter samt ihren monokausalen Erklärungen von Kriegsursachen lassen Zweifel an deren beruflicher Eignung aufkommen. Jene Zunft in den Medienhäusern und Sendeanstalten, die wegen ihrer vorsorglichen Mitwirkung an Kriegsverbrechen früher einmal als „Schreibtischtäter“ bezeichnet wurden, übt sich bis heute im Relativieren, Rechtfertigen und im Verdrehen von Realitäten.
Anstatt Kriegspolitik abzulehnen, wie es ihre demokratische Pflicht wäre, ergreifen sie Partei, schützen Täter und werben weiterhin für militärisches Eingreifen, wie man an den Beispielen Venezuela und Iran sehen kann (36/37).
„Massenkommunikationsmittel können Verlauf und Ausgang von Konflikten entscheidend beeinflussen. Wer über solche Mittel verfügt, wird sie zu seinem Nutzen und zum Schaden des Gegners einsetzen. Propaganda, Desinformation und Manipulation von Meinungen sind Teil des Kampfes um und mit Information. In einem Klima einseitiger Information und eingeschränkter Informationsmöglichkeit kann politische, ethnische, religiöse und anders geartete Ideologisierung bis hin zur Gewaltbereitschaft gedeihen.“ Zeitschrift Europäische Sicherheit, Ausgabe Juli 1999 (38).
Quellen und Anmerkungen:
(17)
https://de.wikipedia.org/wiki/Wissenskluft
(18) Storytelling im Journalismus, Formen und Wirkungen narrativer Berichterstattung,
Flath, Seite 215
(19)
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/27000-PRBerater-polieren-Image-der-USA/story/20404513
(20)
https://www.sourcewatch.org/index.php/Pentagon_military_analyst_program,
https://www.theguardian.com/technology/2011/mar/17/us-spy-operation-social-networks
(21)
https://thegrayzone.com/2018/12/17/inside-the-temple-of-covertpropaganda-the-integrity-initiative-and-the-uks-scandalous-information-war
(22)
https://swprs.org/die-propaganda-matrix/
(23)
https://www.independent.co.uk/news/world/us-government-pentagon-fake-al-qaeda-propganda-videos-a7348371.html
(24)
https://lobbypedia.de/wihttps://lobbypedia.de/wiki/Kategorie:Think_tankki/Kategorie:Think_tank
(25)
https://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung_Wissenschaft_und_Politik
(26)
https://peds-ansichten.de/2018/09/die-muslimbruderschaft-und-deutsche-syrien-politik/
(27)
https://russia-insider.com/en/whos-trip-trapping-my-bridge-fable-putinstroll-army/5565
(28)
https://de.wikipedia.org/wiki/Mitl%C3%A4ufereffekt
(29)
https://swprs.org/logik-imperialer-kriege/
(30)
https://de.wikipedia.org/wiki/Tonkin-Zwischenfall
(31) Dr. Hauke Ritz: Die Strategie der Informationskriegsführung (Vortrag auf der Konferenz „Image Russland — Mythen und Realität“ (Bonn, 10.9.14)
http://russkoepole.de/ru/rubriki/tochka-zreniya/2054-dr-h-ritz-vortragauf- der-bonner-konferenz-image-russland-mythen-und-realit-t.html
(32)
https://de.wikipedia.org/wiki/Brutkastenl%C3%BCge
(33)
https://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/irak-krieg-powellschandfleck-meiner-karriere-1255325.html
(34)
https://www.heise.de/tp/features/Konstruktion-von-Medienrealitaet-im-Kosovo-Krieg-3336534.html?fbclid=IwAR2faIvErAA_kbIzGwjc1drF7QExa67yxkaEFUl4jtKeMxEbBRmqvyRUkVc
(35) Spiegel, 12.4.1999, S. 29
(36)
https://uebermedien.de/36645/die-falsche-geschichte-vom-hilfsgueterkonvoi-den-maduro-anzuenden-liess/
(37)
https://amerika21.de/analyse/224027/venezuela-manipulation-mit-staatsvertrag
(38) Zeitschrift Europäische Sicherheit, Ausgabe Juli 1999
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Anmerkung:
Als eine von vielen Quellen auf dieser Seite, nutze ich die Informationen des Vereins " Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V., deren Vorstellung, der Verein selber übernimmt.
Carsten Hanke
Verein
„Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“
Gründung des Vereins / Bekanntmachung
Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 28. Februar 2014 gründeten interessierte und kritische MediennutzerInnen in Leipzig den Verein „Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien“ und legten damit den Grundstein für den Aufbau einer unabhängigen, demokratischen Kontroll- und Beschwerdeinstanz für die öffentlich-rechtlichen Medien.
Angesichts der medial vielbeachteten, enormen Beteiligung von nahezu einer viertel Million Mitzeichnern an der sogenannten Lanz-Petition, sieht sich der Verein als aktiver Mittler zwischen kritischen Beitragszahlern und öffentlich-rechtlichen Medien.
https://youtu.be/VyXndVP2tpw
Zweck des Vereins ist die Erlangung und Förderung von Medienkompetenz, demokratischer und kultureller Bildung, sowie der demokratischen Mitsprache bei der Umsetzung des gesellschaftlichen Programm- und Bildungsauftrages.
Der Verein ist als demokratische Rezipienteninitiative offen für die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Initiativen ohne eigenwirtschaftliche Interessen.
Für die inhaltliche und programmatische Arbeit wird der Vorstand über die Satzung hinaus eine Programmdiskussion im Internet, insbesondere im Forum http://www.publikumskonferenz.de/ sowie im Wiki der Konferenz anregen, um spezielle Ziele und Vorhaben gemeinsam zu erarbeiten und zu präzisieren.
Die Vorstandsvorsitzende Maren Müller äußerte im Zuge der Gründungsversammlung ihre Zuversicht, „das wachsende Interesse an direkter Bürgerbeteiligung aufzugreifen und entsprechende Anregungen in konkrete programmatische Zielvorgaben des Vereins umzusetzen.“
Maren Müller weiter:
„Nur durch das transparente Führen der längst überfälligen, politischen Debatte über Qualität und Strukturen der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten kann das Vertrauen des Publikums zurückgewonnen werden. Auch wenn sich die Akteure im „Lanz-Streit“ geeinigt haben, bedeutet das nur einen vorübergehenden Burgfrieden. Anstelle einer „Medien-Politik-Phalanx“ als Versorgungswerk für Talkmaster und Werbeindustrie, muss das Öffentlich-Rechtliche wieder zur freien Meinungsbildung und zum eindeutigen Bildungsauftrag zurückkehren. Die Symbiose zwischen öffentlich-rechtlichen Medien und Politik kann nur der umfassenden und transparenten Information der Bürgerinnen und Bürger ohne vorgefasste, und der amtierenden Regierungspolitik zurechtgebogene, Meinung dienen.
Zu diesen Themen haben sich bereits erste Kontakte mit Medienexperten entwickelt, denen an der wissenschaftlichen Begleitung einer breiten und freien gesellschaftlichen Meinungsbildung gelegen ist.“
Für weitere Fragen stehen Ihnen das Team der Publikumskonferenz unter info@publikumskonferenz.de zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Maren Müller
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